taz.de -- Christian Lindner mit 18 Jahren: Schon immer er selbst

Ein altes Video zeigt den Abiturienten Christian Lindner. Er hat keine Lust auf Schule, große Pläne und eine Krawatte mit Kuhflecken.
Bild: Peinlich? Christian Lindners Auftritt als 18-jähriger Jungunternehmer polarisiert

Berlin taz | Rechte Hand in der linken Armbeuge, linker Zeigefinger in nachdenklicher Macherpose am Kinn – Christian Lindners Sprecher-Gestik hat sich in den letzten zwanzig Jahren nicht verändert. Das dokumentiert ein Video von 1997, das jetzt aus den Archiven geholt wurde. In dem Beitrag von Deutsche Welle TV präsentieren sich der damals 18-Jährige Abiturient Lindner und sein Schulfreund Christopher als geschäftstüchtige Jungunternehmer – mit Kuhflecken-Krawatte und geliehener S-Klasse.

Im aktuellen Wahlkampf wird der FDP-Spitzenkandidat auch vom politischen Gegnern als gewiefter Rhetoriker geschätzt, den Grundstein hat er offensichtlich schon zuhause in Wermelskirchen gelegt: „Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie an und handelt“, sagt er im Video – der junge Christian hat seinen Dante gelesen.

Bei den eigenen Aphorismen hakt es dagegen noch etwas. „Probleme sind nur dornige Chancen“, sagt der sommersprossige Jungpolitiker – seit seinem 14. Lebensjahr sei er FDP-Mitglied – zum Schluss des Videos. An Selbstbewusstsein und Lust auf Außendarstellung fehlte es ihm offenbar nie. Gemeinsam mit seinem nur verpixelt zu sehenden Schulfreund verkaufte er damals, laut dem Beitrag, PR-Konzepte an „Kunden, die ihre Väter sein könnten“.

Der 18 Jahre alte Lindner selbst erklärt das Erfolgsrezept so: „Wenn man im Gespräch überzeugt durch Leistung, gerade auch durch Kompetenz, die nicht akademisch domestiziert ist, dann sagt der Kunde: Wir haben den richtigen Fang gemacht.“

Inszenierung ist alles

Einen Fang hat jedenfalls stern TV mit der Veröffentlichung des Archiv-Materials gemacht. Das Video ist zurzeit eines der am meisten geteilten und kommentierten auf deutschsprachigen Facebook-Seiten. Die Nutzer freuen sich vor allem an der Aufmachung des heutigen FDP-Vorsitzenden – und daran, wie wenig, er sich in seiner Außendarstellung verändert zu haben scheint.

Dass Inszenierung alles ist, schien er schon damals verinnerlicht zu haben: Weil in seiner Schule Drehverbot herrschte, mietete er kurzerhand ein Klassenzimmer an einer anderen und setzte seine Mitschüler dekorativ in die Bänke.

Dabei hatte er für Schule an sich offensichtlich gar nicht so viel übrig: „Wenn man in der Schule sitzt und weiß, dass man eigentlich telefonieren müsste“, sagt der junge Lindner, „kommt man sich vor, als sei die Zeit durch den Schredder gelaufen“. Kommt etwa da seine im aktuellen Wahlkampf offensiv zur Schau gestellte Leidenschaft für Bildungsthemen her?

14 Sep 2017

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Thilo Adam

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