taz.de -- Einfluss von Sexfilmen auf Jugendliche: Keine Pornos sind auch keine Lösung
Je früher junge Männer Sexfilme schauen, desto schlechtere Menschen werden sie laut einer US-Studie. Aber so einfach ist das nicht.
Sag mir, seit wann du Pornos schaust und ich sage dir, wer du bist. Das soll [1][eine neue Studie aus den USA] beweisen: Je früher junge Männer anfangen, Pornos zu schauen, desto gewalttätiger sind sie später gegen Frauen. Die These ist nicht neu: Wer viel brutalen Sex sieht, will ihn auch nachmachen. Männer verlören dadurch den Respekt vor Frauen und wollten diese Brutalität im Bett und im Alltag selbst erleben, so die Studie der University of Nebraska.
Interessant ist ein zweites Ergebnis, das die ForscherInnen ziehen: Wer später anfangt, Pornos zu konsumieren, habe mehr und besseren Sex. „Eine Theorie ist, dass mehr Jahre Pornokonsum auch mehr Komplexe hervorrufen, was die eigene Performance angeht“, sagt die Autorin der Studie, Alyssa Bischmann. Die Spätzünder hingegen haben keine Angst, mit den harten Standards der Pornoindustrie mithalten zu müssen, sie machen einfach mal. Damit scheint die Lösung für bessere Menschen und vor allem Männer gefunden. Möglichst spät und möglichst wenig Pornos.
Also die Kids einfach vom Porno fernhalten? Viel Erfolg! Außerdem: So einfach ist es nicht. Denn Pornos übernehmen immer häufiger die Aufgabe der sexuellen Aufklärung. Kein Wunder. Bei dem Niveau des Sexualkundeunterrichts, bei dem 20 SchülerInnen eine Stunde betreten auf Stoff-Geschlechtsteile schauen und am Ende nur das grobe Prinzip von Spermium und Eizelle verstehen, brauchen sie zusätzliche Hilfe. Eine Aufgabe, die die Pornos vielleicht gar nicht wollten. Deswegen haben sie sie auch nicht gut erfüllt.
Was Jugendliche brauchen, sind gute Pornos, und zwar viele davon. Es gibt sogar Forderungen, dass pornografische Filme ohne frauenverachtende Inhalte und unrealistische Darstellungen von Sex in Schulen gezeigt werden sollten.
Solche Methoden brauchen wohl noch viel Zeit. Aber bis dahin Pornos zu verteufeln ist keine Lösung. Jugendliche müssen nur zu den richtigen Filmen finden, [2][die gibt es ja bereits].
5 Aug 2017
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