taz.de -- Venezuelas Verfassungsversammlung: Ein Eilantrag in letzter Minute
Mit einem Eilantrag versucht die Generalstaatsanwältin Venezuelas Verfassungsversammlung noch zu stoppen. Doch Präsident Maduro scheint unbeirrbar.
Caracas dpa | Mit einem Eilantrag will Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz die Einberufung der umstrittenen Verfassungsgebenden Versammlung in Venezuela noch stoppen. Sie reichte bei einem Gericht in Caracas am Donnerstagabend (Ortszeit) einen entsprechenden Antrag ein und begründete dies mit den Vorwürfen, die Wahlbeteiligung sei manipuliert worden.
Dies hatte die zuständige Firma Smartmatic unter Verweis auf Serverdaten mitgeteilt. Es hätten nicht die offiziell verkündeten 8,1 Millionen abgestimmt. Schätzungen gehen von 2,4 bis knapp 4 Millionen aus. Wahlberechtigt waren 19,4 Millionen.
Der Beteiligung kommt viel Bedeutung zu. Sie ist Gradmesser für den Rückhalt zu den von der Opposition bekämpften Plänen. Staatspräsident Nicolás Maduro hatte den Beginn der Versammlung auf Freitag verschoben, Soldaten sicherten den Sitz der Nationalversammlung. Die Opposition rief zum Widerstand und Massenprotesten auf. Im Ausland haben bereits die EU und die USA angekündigt, dass sie die Versammlung nicht anerkennen.
Es ist bisher Sitz des Parlaments, in dem das Bündnis „Mesa de la Unidad Democrática“ eine Zwei-Drittel-Mehrheit hat. Ortega Díaz hat mit Maduro gebrochen und ist zur erbitterten Gegenspielerin geworden. Er will sie absetzen lassen.
Die Erfolgsaussichten des Antrags waren unklar – bisher hat sich Maduro nicht aufhalten lassen von Klagen und Einsprüchen – viele Gerichte werden von sozialistischen Parteigängern dominiert. Die Gegner fürchten den Umbau zur Diktatur, mit einer dauerhaften Entmachtung des Parlaments. Die Immunität der bisherigen Abgeordneten soll aufgehoben werden – damit wäre eine Strafverfolgung möglich. Seit April starben bei Protesten und Unruhen 121 Menschen.
4 Aug 2017
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Labour-Chef Jeremy Corbyn tut sich schwer damit, Maduros Politik zu kritisieren. Der Wunsch nach einem funktionierenden Sozialismus scheint zu groß.
Militäraufstand oder Wiederherstellung der Demokratie? Ein ehemaliger Kommandant lehnt sich in Venezuela gegen Präsident Nicolás Maduro auf.
Venezuela wird von einer machtgierigen Clique beherrscht. Um sie zur Vernunft zu bringen, bräuchte es intelligente Sanktionen.
Die Verfassungsgebende Versammlung enthebt Luisa Ortega Díaz ihres Amtes. Die kritische Juristin weigert sich jedoch, diesen Schritt anzuerkennen.
Trotz internationaler Kritik, Protesten und Vorwürfen der Wahlfälschung: Die Verfassungsgebende Versammlung konstituiert sich.
Die erste Reihe der Linken hält sich zu Venezuela zurück. Die zweite Reihe weiß genau, wer an der Krise in Caracas schuld ist: Opposition und Ausland.
Am Sonntag wurde die Verfassungsgebende Versammlung gewählt. Manipulationsvorwürfe bei der Wahl bringen Staatschef Maduro in akute Erklärungsnot.
Die Politiker Leopoldo López und Antonio Ledezma befinden sich im Gefängnis. Die USA verhängen derweil schärfere Sanktionen gegen Maduro.
Venezuelas sozialistischer Präsident Maduro will mit massivem Druck seine Verfassungsreform durchsetzen. Die Opposition lässt sich bislang nicht einschüchtern.