taz.de -- Kommentar Dieselgipfel: Das Staatsversagen geht weiter
Der Dieselgipfel wird keine wirksame Lösung bringen, solange die Politik sich weiter den Willen der Autoindustrie aufzwingen lässt.
Schon jetzt steht fest: Der groß angekündigte „Dieselgipfel“, der an diesem Mittwoch im Verkehrsministerium stattfindet, wird keine wirksame Lösung für die giftigen Abgase bringen. Denn helfen würde allein, alle Dieselmotoren, die die Grenzwerte nicht einhalten, zwangsweise nachzurüsten oder die Fahrzeuge zu verschrotten und den Kunden sauberen Ersatz anzubieten.
Doch die [1][Kosten für diese Lösung] will die Politik der Industrie nicht zumuten. Darum geht es beim Treffen von Politik und Industrie vor allem um eine Änderung der Software in den Autos. Das erweckt den Anschein von Aktivität, löst das Problem aber nicht einmal ansatzweise. Das Staatsversagen, das den Dieselskandal ermöglicht hat, geht damit in eine neue Runde.
Mit hohen Parteispenden, der Einstellung ehemaliger Spitzenpolitiker und der Drohung mit Arbeitsplatzverlust zwingt die Autoindustrie bisher jeder Regierung ihren Willen auf: CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt erklärt es zu einer legalen „Ausnahme“, wenn die Abgasreinigung zu mehr als der Hälfte der Zeit abgeschaltet wird.
SPD-Ministerpräsident Stephan Weil findet nichts dabei, im VW-Aufsichtsrat zu sitzen und beim Gipfel neue Subventionen für sein Betrugsunternehmen zu fordern. Und selbst in Stuttgart, wo die Grünen den Ministerpräsidenten und den Bürgermeister stellen, müssen Fahrverbote – gegen den erbitterten Widerstand der Politik – vor Gericht erzwungen werden.
Erst durch den Druck, den Umweltverbände mit ihren erfolgreichen Klagen gegen die Überschreitung der Grenzwerte erzeugt haben, ist der Dieselgipfel überhaupt zustande gekommen. Doch mitreden dürfen Umwelt- und Verbraucherschützer heute nicht – das Autokartell aus Politik und Industrie bleibt lieber unter sich. Besser können Regierung und Konzerne kaum demonstrieren, dass sie aus dem Skandal nichts gelernt haben. Fortschritte werden also weiterhin vor Gericht erkämpft werden müssen.
2 Aug 2017
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