taz.de -- Amnesty-Bericht zu Kamerun: Mit Folter gegen Boko Haram

Bilder von Amnesty zeigen US-Soldaten in einer Anlage in Kamerun, wo Islamisten gefoltert wurden. Die NGO fordert nun ein Ende der Hilfen.
Bild: Zwei Brüder, acht und zehn: Erst wurden sie von Boko Haram entführt, dann von Nigerias Armee verhört, jetzt leben sie im Vertriebenenlager

Cotonou taz | Die Bilder und Zeugenaussagen sind nach Informationen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) eindeutig: In ihrem heute veröffentlichten Report „Kameruns geheime Folterkammern“ sind Fotos zu sehen, die offenbar Angehörige der US-Armee zeigen – in einer kamerunischen Militärbasis, in der mutmaßliche Anhänger der nigerianischen Terrorgruppe Boko Haram lang und systematisch gefoltert worden sind.

Die Basis Salak liegt hoch im Norden Kameruns. Augenzeugen bestätigen, mehrfach weiße Männer dort gesehen zu haben. Stephen Cockburn, Leiter der AI-Rechercheabteilung für West- und Zentralafrika, führt aus: „Niemand hat etwas unternommen, um die Folter zu stoppen.“

Durch mehr als 140 Interviews, die zwischen Februar 2016 und März 2017 persönlich und telefonisch geführt wurden, wisse man sehr genau, wo sich die Häftlinge befanden und auch gefoltert wurden. „Die Büros von hochrangigen Militärs sind nur 100 Meter entfernt“, sagt Cockburn: Dass sie davon nichts bemerkten, sei also unwahrscheinlich gewesen. Die Militärbasis hat er selbst 2015 besucht.

Wieweit auch die Angehörigen der US-Streitkräfte von Folter Kenntnis hatten, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt laut AI noch nicht sagen. Offiziell ist, dass US-Militärs mehrfach nach Salak kamen, um kamerunische Soldaten auszubilden. „Wir sagen nicht: Es ist sicher, dass die US-Armee davon wusste“, erklärt Cockburn. Aber er fordert, dass Konsequenzen gezogen werden.

So haben die USA ein Gesetz, in dem steht: Es darf kein Land militärisch unterstützt werden, in dem es zu schweren Menschenrechtsverletzungen kommt.

Zwanzig Folterorte bekannt

AI fordert deshalb eine Prüfung. Gleiches gelte für Frankreich, Deutschland und Großbritannien, die durch militärische Präsenz oder finanzielle Unterstützung Hauptpartner im Kampf gegen Boko Haram seien. Decken sie Menschenrechtsverletzungen auf, dann sollten sie die Regierung unter Druck setzen. Allerdings dürfe das nicht heißen, Unterstützung zu kappen.

Salak ist einer von 20 Orten, an denen nach Aussagen der Befragten gefoltert wurde. Aufgelistet sind 24 Methoden, darunter auch das sogenannte Waterboarding, simuliertes Ertrinken. Im Durchschnitt waren die Beschuldigten 30 Wochen in Haft, ohne Kontakt zu ihren Familien. Ziel sei es gewesen, den Häftlingen ein Geständnis abzupressen, dass sie Mitglieder von Boko Haram waren.

Die Miliz hatte sich ab 2014 von Nigeria nach Kamerun ausgebreitet und dort mehr als 1.500 Menschen ermordet. Nigeria, Kamerun und weitere Länder der Region gingen daraufhin gemeinsam gegen sie vor. Ihre Mutinational Joint Task Force gegen Boko Haram wird international unterstützt, vor allem von der EU.

Die USA sind mit 300 Soldaten in Kamerun präsent, vor allem für Luftaufklärung und Drohnenflüge.

Amnesty International hat immer wieder angeprangert, wie brutal in Nigeria und Kamerun Sicherheitskräfte mit angeblichen Terroristen umgehen. „Das Ausmaß ist größer, als wir dachten ,und die Vorgehensweise sehr routiniert“, sagt Stephen Cockburn.

20 Jul 2017

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Katrin Gänsler

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