taz.de -- Kommentar Sigmar Gabriels Nahostreise: Auf dem Deeskalationspfad

Er reist wegen der Katar-Krise auf die Arabische Halbinsel. Die Feindseligkeiten wird er nicht beseitigen, vielleicht schafft er aber Aufmerksamkeit.
Bild: Montag, 3. Juli, Flughafen Tegel, Berlin: Bundesaußenminister Sigmar Gabriel macht sich auf den Weg an den Persischen Golf

Als Vermittler wolle und werde er nicht auftreten, versichert Bundesaußenminister Sigmar Gabriel zu seiner dreitägigen Reise auf die Arabische Halbinsel. In der Tat: Solch eine Aufgabe wäre für die deutsche Politik wohl einige Nummern zu groß. Aber es wirkt etwas blauäugig, wenn Berlin vor allem erwähnt, bei der gegenwärtigen Krise um Katar stünden auch wichtige deutsche Wirtschaftsinteressen auf dem Spiel.

Das stimmt. Und es kann Deutschland – wie niemandem auf der Welt – daran gelegen sein, dass der Streit weiter eskaliert, den die Saudis kurz nach dem Trump-Besuch mit Katar vom Zaun brachen. Ein [1][Ultimatum] der Saudis und ihrer Verbündeten ist in der Nacht zu Montag ergebnislos verstrichen und die Gefahr weiterer Sanktionen oder offener Feindseligkeiten wächst – Feindseligkeiten, bei denen übrigens auch deutsche Waffen zum Einsatz kommen könnten.

Genau zum Ablauf des Ultimatums traf Gabriel in der Region ein. Zu einer Bestandsaufnahme bei allen direkt Beteiligten. Nach seiner Rückkehr wird unter anderem den Teilnehmern des G20-Treffens in Hamburg „aus erster Hand“ seine Eindrücke vermitteln und – vielleicht – für ein breites internationales Engagement plädieren können.

Welche Erfolgsaussichten so etwas haben würde, steht freilich in den Sternen: Die meisten Staaten sehen am Golf bestenfalls ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen tangiert. Der französische Energiekonzern Total schließt gerade einen Milliardenvertrag mit Iran ab, bei dem es um ein großes Gasfeld geht, das der Iran sich mit Katar teilt.

Die USA haben den Konflikt als „Familienstreit“ abgetan, mit Saudis wie Katarern Waffenlieferungen vereinbart, und die EU ist erstaunlich still zu allem. So wird die Gabriel-Reise sicher keinen Anstoß zu einer Lösung bringen, aber vielleicht etwas mehr internationale Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft, jenseits vom Interesse an Öl- und Gasdeals.

3 Jul 2017

LINKS

[1] /Diplomatische-Krise-am-Golf/!5426084

AUTOREN

Peter Philipp

TAGS

Saudi-Arabien
Katar
Sigmar Gabriel
Waffenexporte
Wirtschaftspolitik
Golfstaaten
Katar
Welthandel
Katar
Saudi-Arabien
Eritrea
Schwerpunkt USA unter Donald Trump

ARTIKEL ZUM THEMA

Debatte Waffen aus Deutschland: Drohnen zu Windrädern

Um den Teufelskreis aus Militarisierung und Repression in Nahost zu durchbrechen, gehören die arabischen Kriegsparteien auf die rote Liste.

Nach Ende des Katar-Ultimatums: Zunächst keine neuen Sanktionen

Der Staat hat die Forderungen der arabischen Staaten zurückgewiesen, ist aber zu Gesprächen bereit. Der Boykott bleibt bis auf Weiteres bestehen.

Deutsch-amerikanische Beziehungen: Showdown in Hamburg

Die großen Konflikte mit US-Präsident Trump bringen die Bundesregierung in Bedrängnis. Am meisten wird über Klimawandel und Welthandel gestritten.

Diplomatische Krise am Golf: Ultimatum an Katar verlängert

Katar bekommt 48 Stunden mehr Zeit, um den Forderungskatalog vier arabischer Länder zu erfüllen. Das Emirat zeigt sich bisher jedoch unbeeindruckt.

Kronprinz von Saudi-Arabien: Der Neue wird für Turbulenzen sorgen

Mohammed bin Salman verkörpert den brutalen Machtanspruch der Dynastie. Er ist bei der Jugend beliebt, gilt aber regional als Scharfmacher.

Reaktion des isolierten Golfstaates Katar: Truppenabzug mit Folgen

Katar zieht seine Truppen zwischen Eritrea und Dschibuti ab. Die UN und die AU machen sich Sorgen wegen eines neu entfachten Grenzkonflikts.

USA und Golfstaaten: Kampfflugzeuge für Katar

Das von seinen Nachbarländern mit einem Embargo belegte Katar bekommt militärische Unterstützung aus den USA – inklusive milliardenschwerem Flugzeug-Deal.