taz.de -- Konferenz der Innenminister: Messenger-Überwachung geplant

Verschlüsselte Messenger-Dienste sollen künftig wie Telefonate und SMS überwacht werden können. Das beschloss die Konferenz der Innenminister.
Bild: „Lass uns darüber lieber persönlich sprechen.“ Joachim Herrmann (CSU) auf der Konferenz

Dresden epd/dpa/afp | Die Innenminister der Länder wollen ihre Schutzvorkehrungen gegen den Terrorismus verschärfen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Mittwoch nach einer Konferenz der Innenminister und –senatoren in Dresden, dass künftig etwa Nachrichten aus Messenger-Diensten wie WhatsApp ähnlich wie Daten aus Telefongesprächen von den Strafverfolgungsbehörden ausgewertet werden sollen. Der Bund werde hierfür in Kürze durch eine Änderung der Strafprozessordnung die Voraussetzungen schaffen.

Dazu könnten Instrumente wie die [1][Onlinedurchsuchung und Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ)] genutzt werden. Bei der Quellen-TKÜ können die Behörden mit einer Software die laufende Kommunikation eines Verdächtigen auf einem Gerät mitlesen, bevor sie verschlüsselt wird.

Im Umgang mit den Gefahren durch den Terrorismus sollen nach den Worten von de Maizière auch Gefährdungsbewertungen auf eine neue Grundlage gestellt werden. In den vergangenen Jahren habe sich die Zahl der Gefährder und Gefährdungen vervierfacht. Daher solle etwa der operative Umgang mit Gefährdern verbindlicher als bisher geregelt werden. Geplant sei auch ein Lastenausgleich zwischen den Bundesländern. Wenn ein Land Kapazitätsprobleme habe, könne so ein anderes Bundesland einspringen und helfen, sagte de Maizière. Er sprach von einem „großen Fortschritt im Umgang mit Gefährdern und Gefährdungen“.

Einheitliches „Musterpolizeigesetz“

Ein „Musterpolizeigesetz“ soll in Zukunft für deutschlandweit einheitliche Sicherheitsstandards sorgen. Thomas de Maizière sprach anschließend von einem Durchbruch. „Wir brauchen keinen Flickenteppich bei der inneren Sicherheit“, erklärte de Maizière. Künftig benötige ein Bundesland schon gute Gründe, wenn es von den gemeinsamen Regelungen abweichen wolle.

Nach den Worten des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, des sächsischen Ressortchefs Markus Ulbig (CDU), haben sich die Minister und Senatoren zudem darauf verständigt, bei Identitätsprüfungen von Asylsuchenden die Voraussetzungen dafür zu schaffen, auch Fingerabdrücke von 6- bis 14-Jährigen zu nehmen. So sollen eventuelle Mehrfachidentitäten aufgedeckt werden. Der Beschluss, Abschiebungen nach Afghanistan bis auf wenige Ausnahmen vorerst auszusetzen, wurde von der Innenministerkonferenz befürwortet. Keine Einigung gab es hingegen bei der Schleierfahndung.

Die Konferenz in Dresden war die erste Runde der Ressortchefs nach dem Terroranschlag vom 19. Dezember 2016 am Berliner Breitscheidplatz und zugleich die letzte in der laufenden Legislaturperiode des Bundestages.

14 Jun 2017

LINKS

[1] https://ccc.de/system/uploads/216/original/quellen-tkue-CCC.pdf

TAGS

WhatsApp
Verschlüsselung
Schwerpunkt Überwachung
Innenminister
Thomas de Maizière
Australien
WhatsApp
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Rassismus
Rote Flora
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Überwachung
China
Schwerpunkt Überwachung
Verfassungsschutz

ARTIKEL ZUM THEMA

Australien schwächt die Verschlüsselung: „Big Brother“ down under

Australien verpflichtet Messaging-Dienste wie Whatsapp oder Telegram, Schwachstellen einzuprogrammieren – damit die Behörden mitlesen können.

Kommentar WhatsApp-Urteil: Richter mit Mission, Thema egal

Ein Bad Hersfelder Richter urteilt über mangelnden Datenschutz, obwohl es um Kindschaftsrecht geht. Nur die Mütter bekommen Auflagen.

Kolumne Geht's noch?: Die Abhörbefugnis

Der Bundestag erlaubt die Überwachung von Kommunikation über Messenger-Dienste. Und alle wissen: Das ist ein fataler Fehler.

Sicher gegen Islamisten: Mit Technik gegen Terror

Rot-Grün fordert eine Novellierung des Bremischen Polizeigesetzes, das die quellenunabhängige Telefonüberwachung sowie elektronische Fußfesseln erlauben soll

Kommentar Schleierfahndung: Zwischen Praxis und Gesetz

Das Problem verdachtsunabhängiger Polizeikontrollen muss sachlich diskutiert werden. Stattdessen verflacht die Debatte im Wahlkampf.

Doku über Polizeispitzel in Hamburg: Die Freundin vom BKA

Verdeckte Ermittler*innen in der linken Szene: Die Doku „Im inneren Kreis“ fragt nach den Gründen und Grenzen der Überwachung.

Radikalisierte Minderjährige: Verfassungsschutz im Kinderzimmer

Überwachung unter-14-Jähriger: Die CSU möchte radikalisierte Kinder bundesweit beobachten lassen und steht damit allein da – fast.

Überwachungssoftware für Geflüchtete: Der gläserne Flüchtling

Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein setzen bei der Unterbringung von Flüchtlingen auf eine Überwachungssoftware. Kritiker sehen massive Datenschutzverstöße

Kolumne Nach Geburt: Big parent is watching you

Kameras an der Wand, Sensoren im Babybett – wollen wir wirklich, dass Kinderzimmer zu Hochsicherheitstrakten werden?

Chinesischer Messenger WeChat: Milch, Mails und bloß keine Kritik

Statt Facebook oder WhatsApp nutzen Chinesen mit WeChat ihren eigenen Messenger. Der Dienst macht vieles einfacher – auch die Zensur.

33C3 – CCC-Kongress in Hamburg: Funktioniert das?

„Funktioniert für mich“ heißt das Motto des diesjährigen Hackertreffens. Doch es geht in Hamburg eher darum, dass vieles nicht für alle funktioniert.

BND und Verfassungsschutz: Millionen für Projekte gegen Terror

Sie wollen in die Kommunikationsüberwachung investieren, um gegen Terrorismus vorzugehen. Dazu planen BND und VS Berichten zufolge viel Geld ein.