taz.de -- Kampf um Verfassung in Venezuela: Generalstaatsanwältin greift ein
Venezuelas Präsident Maduro will die Verfassung überarbeiten – um das Volk zu besänftigen, aber ohne es vorher zu befragen. Juristischer Widerstand regt sich.
Rio de Janeiro epd | Gegenwind für Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro aus den eigenen Reihen: Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz beantragte beim Obersten Gerichtshof einen sofortigen Stopp der geplanten Überarbeitung der Verfassung.
Die Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung durch Maduro sei nicht rechtens, da ein solcher Prozess nur durch eine Volksbefragung eingeleitet werden könne, erklärte Ortega Díaz am Donnerstag (Ortszeit). „Das Erbe von (Ex-Präsident Hugo) Chávez wird durch diesen Prozess zerstört“, sagte die oberste Anklägerin.
Ortega Díaz forderte [1][die Bevölkerung] auf, sich ihrem Antrag auf Einstellung des Prozesses anzuschließen. Mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung will Maduro der seit über zwei Monaten anhaltenden gewalttätigen Protestwelle den Wind aus den Segeln nehmen. Die bürgerliche Opposition kündigte bereits an, die Verfassungsgebende Versammlung zu boykottieren und fordert sofortige Neuwahlen.
Ortega Díaz verwies auf den verfassungsgebenden Prozess von 1999 unter Maduros Vorgänger Chávez, der unter breiter Beteiligung der Bevölkerung stattfand. Die Generalstaatsanwältin galt bis vor kurzem als regierungstreue Beamtin, die sich jedoch zu Beginn der Proteste kritisch über die vom Obersten Gericht verfügte Entmachtung des von der bürgerlichen Opposition dominierten Parlaments äußerte.
Das umstrittene Urteil von Ende März, das wenig später zurückgenommen wurde, war Auslöser der Proteste, [2][bei denen mehr als 65 Menschen ums Leben kamen].
9 Jun 2017
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ein Helikopter steuert in Caracas auf den Gerichtshof zu, Granaten werden abgefeuert. Der Pilot will Neuwahlen und erinnert an die Verfassung.
Ein möglicher Granatenangriff auf den Obersten Gerichtshof in Caracas sorgt für wilde Spekulationen: Soll Präsident Maduro gestürzt werden?
Seit Monaten tobt in Venezuela ein erbitterter Machtkampf. Bei den Protesten gegen Präsident Maduro gibt es immer wieder gewaltsame Zusammenstöße.
Sollte die US-Regierung ein Embargo beschließen, würde Venezuela ins Bodenlose stürzen. Das aber will Washington verhindern.
Die Unterversorgung in Venezuela trifft auch die Repression. Statt Tränengasgranaten aus Brasilien gibt es womöglich welche aus China.
Trotz seines Ölreichtums ist das Land nah an der Zahlungsunfähigkeit. José Carlos Carcione erklärt, wie es so weit kommen konnte.
Ein Demonstrant ist bei Kämpfen mit der Nationalgarde gestorben. Tausende Menschen waren erneut für den Rücktritt von Präsident Maduro auf die Straße gegangen.
Venezuelas Präsident Maduro kündigt ein Referendum über die neue Verfassung an. Trotz parteiübergreifender Kritik zeigt er sich siegessicher.
Bei einer Demonstration in der Hauptstadt Caracas sind Dutzende Menschen verletzt worden. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein.
Mindestens zwei weitere Menschen sind bei den Dauerprotesten in Venezuela getötet worden, darunter ein 19-jähriger Demonstrant.
Im kolumbianischen Grenzort Cúcuta sind zehntausende Venezolaner täglich auf der Suche nach Nahrung und Arbeit. Das sorgt für Spannungen.