taz.de -- „Identitäre“ im Mittelmeer: Asozialer Aktivismus
Neue Rechte kapern mal wieder linke Protestmethoden: Sie sammeln Geld für ein Schiff, mit dem sie die Rettung von Flüchtlingen stören wollen.
Mehr als 1.650 Flüchtende sind seit Beginn dieses Jahres auf dem Mittelmeer ums Leben gekommen. Und das trotz der zivilen Rettungsaktionen von mehreren NGOs. Ohne die wäre die Zahl der Toten auf fast 8000 angestiegen.
Der „Identitären Bewegung“ aus dem extrem rechten Spektrum wäre das wohl lieber gewesen. Der Zusammenschluss aus verschiedenen europäischen Gruppen unterstellt den Rettungsorganisationen Zusammenarbeit mit Schleppern, warnt vor absurden Invasionsszenarien und fürchtet, dass „Europäer in ihren eigenen Heimatländern zur Minderheit werden“.
Nazis halt, könnte man jetzt sagen. Doch die „Identitären“ zeichnen sich durch mehr als ihre nationalistisch-rassistische Haltung aus: Sie sind jung, nennen sich „Aktivisten“ und eignen sich linke Protestkultur an.
Ihre neue Aktion „Defend Europe“ erinnert vom Prinzip her an Greenpeace: von einem Boot aus soll ein Schiff und seine Besatzung beim täglichen Geschäft gestört werden. Nur handelt es sich hierbei nicht um einen Protest gegen Walfänger oder Umweltsünder – die „Identitären“ wollen Hilfsorganisationen an der Bergung Ertrinkender hindern.
Über 60.000 Euro wurden via Crowdfunding für das menschenverachtende Projekt gesammelt – das entspricht etwa den monatlichen Operationskosten kleinerer NGOs wie Sea-Watch e.V.
Dass die Rechten ihre Aktion auch noch eine „Rettungsmission“ nennen, ist blanker Zynismus. Denn „retten“ wollen die „Identitären“ natürlich nur ihren Traum von der Festung Europa. Dafür nehmen sie anscheinend gerne Menschenleben in Kauf.
Wenn sie sich da mal nicht wundern – denn laut Seerecht herrscht zu Wasser immer eine Pflicht, Schiffbrüchige zu retten.
9 Jun 2017
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