taz.de -- Dopingarzt in Brasilien: Ein stolzer Betrüger

Der brasilianische Fußballweltmeister Roberto Carlos soll Kunde eines Dopingarztes gewesen sein. Der hatte sich schon 2013 mit Carlos' Erfolgen gerühmt.
Bild: Roberto Carlos: Gedopt oder nicht gedopt?

Berlin taz | Doping ist eine russische Spezialdisziplin, und der Fußball hat mit diesen niederträchtigen Manipulationsversuchen sowieso nichts zu tun – nicht einmal in Russland. Diesen Eindruck konnte man zumindest erhalten, wenn man die Enthüllungen der Dopingjäger zuletzt verfolgte.

Insofern ist die jüngste ARD-Recherche, die sich den lahmen Anti-Doping-Kampf in Brasilien vornahm, schon spektakulär. Denn mit Roberto Carlos steht ein brasilianischer Fußballweltmeister (2002) in Verbindung mit dunklen Machenschaften. Der Anti-Doping-Agentur des Landes soll schon seit 2015 ein Dossier vorliegen, in dem eine Sportlerin bezeugt, Carlos sei Kunde des Dopingarztes Júlio César Alves gewesen. Dieser selbst brüstet sich vor der versteckten ARD-Kamera, die Oberschenkel von Carlos, der wegen seiner strammen Distanzschüsse weltweit gefürchtet war, entwickelt zu haben.

In einem offenen Brief erklärte Carlos: „Ich bestreite vehement die von der ARD gemachten Anschuldigungen und bekräftige, dass ich niemals auf Mittel zurückgegriffen habe, die mir einen Vorteil gegenüber meinen Kollegen hätten verschaffen können.“ Den Arzt Alves kenne er gar nicht. Der ARD drohte er mit juristischen Schritten.

Alves, der einem ARD-Lockvogel Dopingmittel Epo und Clenbuterol verschaffte, behauptet, nicht nur 25 Top-Sportler des Landes betreut zu haben, sondern auch via Skype etwa Radprofis berate, die an der Tour de France teilnehmen. Kurios ist, dass Alves bereits 2013 im brasilianischen Fernsehen folgenlos damit prahlen konnte, bekannte Sportler mit Dopingsubstanzen zu behandeln. Gegenüber der ARD erzählte der Arzt, er verabreiche 13- und 14-jährigen Nachwuchssportlern Wachstumshemmer, um die Pubertät zu verzögern, dann baue er deren Muskeln auf.

Bereits im November 2016 hat Brasilien von der Welt-Anti-Doping-Agentur einen Rüffel für seine nachlässige Arbeit gegen Sportbetrüger erhalten. Die brasilianischen Kontrollbehörden hatten, nachdem die Wada das Doping-Kontroll-Labor in Rio suspendiert hatte, ihre Arbeit vor den Olympischen Spielen eingestellt.

12 Jun 2017

AUTOREN

Johannes Kopp

TAGS

Doping
Brasilien
Fußball
Tour de France
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Doping
Tour de France
Tour de France
Leichtathletik
Doping
Doping
Doping im Spitzensport
Biathlon

ARTIKEL ZUM THEMA

Kolumne Press-Schlag: Die sind doch nicht ganz sauber

Sollte die Welt-Anti-Doping-Agentur künftig allein über die Olympia-Teilnahme entscheiden dürfen? Ein Pro und Contra.

Kolumne Pressschlag: Leaks in Zeiten der Propaganda

Hacker nehmen sich den Fußball vor und finden Indizien für organisiertes Doping. Doof nur, dass die Hinweise aus Russland kommen.

Doping bei der Tour de France: Hormone und Diäten für Grenzgänger

Bei der Tour wird mächtig experimentiert. Es geht um mehr Kraft, weniger Gewicht und bessere Aerodynamik – am Rande und jenseits des Erlaubten.

Doping bei der Tour de France: Betrug mit Tradition

Schon vor 100 Jahren gehörten Aufputschmittel zu Frankreichs großem Radrennen. Kein Skandal konnte die Tour ernsthaft schädigen. Warum?

Doping in der BRD: Ausheulen beim Häuptling

Anlässlich einer Bundestagsanhörung: Ehemalige Leichtathleten aus der Bundesrepublik sprechen über Doping mit Anabolika im Westsport.

30 Jahre nach dem Tod von Birgit Dressel: Das große Schweigen

Die BRD-Siebenkämpferin starb 1987 an Organversagen. Sie schluckte tausende Tabletten und war Patientin eines Arztes, der Doping anleitete.

Doping bei den Sommerspielen 2008: Die perfekte Ausrede

Die Welt-Anti-Doping-Agentur plädiert dafür, dass Clenbuterol in Sportlerkörpern schon mal auftauchen darf. Und liefert Sportlern ein Alibi.

Doping im Wintersport: Mr. Biathlon und Doktor Epo

Tipps vom Dopingarzt Michele Ferrari und abgehörte Gespräche: Der Multifunktionär Gottlieb Taschler und sein Sohn Daniel stehen vor Gericht.

Doping im Biathlon: „Wettkämpfe in Russland stoppen“

Gabriela Koukalová aus Tschechien dominiert derzeit den Weltcup. Sie ist Sängerin, tritt im Fernsehen auf und spricht sich gegen Doping aus.