taz.de -- Am Ort der Bücherverbrennung in Berlin: Entspanntes Schmökern
Auf dem Bebelplatz wurden 1933 über 20.000 Bücher verbrannt. Nun findet an diesem Ort ein Lesefestival unter freiem Himmel statt.
Über die Pflastersteine rollen Koffer und Kinderwagen, Tourist*innen und Schulklassen auf Leihrädern und Segwayrollern rattern vorbei an der Baustelle und den imposanten Gebäuden rund um den Bebelplatz in Mitte. Einige zücken ihre Handykameras. An diesem Wochenende wird ihnen ein nicht alltägliches Spektakel geboten: Der Platz zwischen Opernhaus, Hotel de Rome und Humboldt-Universität präsentiert sich mit Hängematten, Sitzsäcken und Bücherregalen ausgestattet.
Mit dem Projekt StadtLesen soll auch an die historische Bedeutung des Bebelpatzes erinnert werden: Hier wurden 1933 über 20.000 Bücher von den Nationalsozialisten verbrannt. Die Leute seien herzlich eingeladen, sich ein Buch aus dem Regal zu schnappen und auf den rund 100 Sitzgelegenheiten niederzulassen, erklärt Irma Skenderovic, schwarzes Outfit mit schwarzer Lederjacke. Die 26-Jährige gehört zum fünfköpfigen Projektteam.
„Das Spektakuläre am StadtLesen ist, dass nichts Spektakuläres passiert“, erzählt Projektleiterin Theresa Angerer, 25 und ebenfalls in schwarzer Lederjacke. Es gehe darum, Menschen zufällig und im Alltag mit Büchern zu konfrontieren und ihnen mit dem Projekt einen niedrigschwelligen Zugang zu Literatur zu ermöglichen. Denn lesende Menschen seien glücklichere Menschen, meint Angerer. Deshalb reist das Team bis Mitte Oktober mit über 3.000 Büchern aus allen Genres in 25 Städte, nach Deutschland, Österreich, Italien und in die Schweiz. Berlin ist das erste Ziel der Lesetour.
Etwas Spektakuläres passiert an diesem Vormittag wirklich nicht. Unter blauem Himmel mit Wattebauschwolken und blendendem Sonnenschein haben es sich Passant*innen mit Coffee-to-go-Bechern und Sandwiches gemütlich gemacht. Es werden angeregte Gespräche geführt und mittendrin sieht man tatsächlich ein paar Menschen in Büchern schmökern.
28 Apr 2017
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