taz.de -- Der Frühling ist da: Senat beendet den Winter

In der vergangenen Saison wurden deutlich mehr Obdachlose in Unterkünfte vermittelt als in den Vorjahren. Handlungsbedarf gibt es trotzdem
Bild: Die Not ist vorbei. Hat der Senat so entschieden

Am Samstag endet das Winternotprogramm für Obdachlose. Die Sozialbehörde hat zu diesem Anlass Zahlen veröffentlicht, die sie als Erfolg wertet: 245 Obdachlose konnten in dieser Winterperiode überzeugt werden, das Leben auf der Straße hinter sich zu lassen. Das seien deutlich mehr als in den vergangenen Jahren, hieß es. Das Hamburger Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot hatte am Donnerstag trotzdem zu Protest aufgerufen. Die Beteiligten forderten mehr preisgünstige Wohnungen.

Die 245 vermittelten Obdachlosen verbrachten den Winter an einem der städtischen Standorte des Notprogramms. Es dürften noch mehr werden, denn noch wartet die Behörde die Zahlen der anderen Träger. Bisher ist bekannt, dass 162 Obdachlose in Wohnunterkünfte vermittelt wurden. Die übrigen 83 sind vorerst in der Übernachtungsstätte Pik As untergebracht, sollen aber laut Sozialbehörde in den nächsten Tagen noch regulär untergebracht werden. Stephan Karrenbauer von Hinz & Kunzt befürchtet allerdings, dass einige der Menschen doch wieder auf der Straße landen werden: „Gegen das Pik As gibt es Vorurteile unter den Obdachlosen. Manche sagen, sie gehen da gar nicht erst hin.“

Einige Obdachlose wollten laut Sozialbehörde ohnehin nicht in einer Unterkunft leben. „32 haben unser Angebot nicht angenommen“, sagte Behördensprecher Marcel Schweitzer. Und die Übrigen hätten keinen Leistungsanspruch. „Die können wir von Gesetzes wegen nicht unterbringen“, so der Sprecher.

Um einen Anspruch auf einen Platz in einer Unterkunft zu haben, müssen die Obdachlosen deutsche Staatsbürger sein oder als EU-Bürger in Deutschland sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben. Die Stadt versuche gemeinsam mit der Diakonie, den Rechtsanspruch weiterer Obdachloser zu prüfen, sagte Schweitzer. „Wir denken, dass es Menschen gibt, die eher mit der Kirche sprechen als mit der Stadt.“

Bettina Reuter vom Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot kritisierte die Wohnungsbaupolitik der Stadt. Es gebe zu viel teuren Wohnraum und die Sozialbindung von Wohnungen werde zu schnell aufgehoben. „Der Notstand wird immer größer, weil es jahrelang keinen Sozialwohnungsbau gab.“

Auch Karrenbauer sieht Handlungsbedarf, obwohl die Situation besser sei als im vergangenen Jahr. Er kritisierte, dass mit dem Ende des Winternotprogramms etwa 700 Menschen zurück auf die Straße geschickt werden. „Ohne dass man eine echte Perspektive für sie aufbauen konnte oder wollte.“ Osteuropäer etwa, die mehrere Jahre in Hamburg sind und hier ihren Lebensmittelpunkt haben, müsse die Stadt auf jeden Fall unterbringen.

30 Mar 2017

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Milena Pieper

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