taz.de -- Hasskommentare im Internet: Richterbund kritisiert Gesetzentwurf

Die Vorschläge von Justizminister Heiko Maas gehen den Richtern nicht weit genug. Sie fordern verbindliche Auskunftsstellen und eine Herausgabe von Täternamen.
Bild: Hashtag „Hass“ eingeben und dann erstmal fett abhaten: Hasskommentatoren (sog. „Trolle“) bei ihrer täglichen Hassarbeit im Hassmedium Internet (Symbolbild!)

Hannover epd | Der Deutsche Richterbund kritisiert den Gesetzentwurf, mit dem Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) gegen Hasskriminalität in sozialen Netzwerken vorgehen will. „Die Vorschläge des Ministers greifen zu kurz“, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

„Rechtswidrige Kommentare schnell zu löschen, kann nur eine Säule im Kampf gegen Hass und Hetze im Netz sein. Wer strafbare Inhalte online stellt, der muss dafür auch effektiv strafrechtlich verfolgt werden können“, fügte Rebehn hinzu.

Bisher hätten die Staatsanwaltschaften aber immer wieder Probleme, Auskünfte von den Netzwerken über die Identität anonymer Hetzer zu bekommen. „Es braucht verbindliche Auskunftsstellen von Facebook und Co. im Inland, die schnell und verlässlich auf Anfragen der Strafverfolger reagieren“, forderte der Vertreter des Richterbundes. Der Gesetzentwurf von Heiko Maas sehe diese Auskunftsstellen zwar vor, sie blieben im Ergebnis aber freiwillig, weil keine Sanktion drohe, wenn sie nicht eingerichtet würden.

Der Richterbund fordert weiter, den Opfern von Hassbotschaften einen direkten Auskunftsanspruch gegen die Netzwerke zu geben, um die Namen anonymer Verfasser zu erfahren. „Wer im Netz verleumdet oder beleidigt wird, der muss sich dagegen effektiv wehren können, indem er etwa auf Unterlassen oder Schadensersatz klagt.“

Die Netzwerke müssten verpflichtet werden, die Namen anonymer Verfasser von Hasskommentaren an die Betroffenen herauszugeben. „Es macht auf die Täter weitaus mehr Eindruck, wenn ihre Hasskommentare nicht nur gelöscht werden, sondern ihnen auch empfindliche Strafen oder Schadensersatzforderungen drohen“, betonte Rebehn.

Der Gesetzentwurf von Maas sieht harte Geldstrafen für soziale Netzwerke vor, wenn sie nach Beschwerden strafbare Hasskommentare oder Falschmeldungen nicht oder zu spät löschen. Für einen Verstoß gegen die im Entwurf genannten Löschfristen sollen bis zu fünf Millionen Euro fällig werden. Unternehmen, die kein ausreichendes oder gar kein Beschwerdemanagement aufgebaut haben, drohen bis zu 50 Millionen Euro Strafe.

20 Mar 2017

TAGS

Hasskriminalität
Schwerpunkt Meta
Social Media
Hasskommentare
Internet
Hasskommentare
Diskriminierung
Heiko Maas
Hasskommentare
Lehrkräfte
Hate Speech

ARTIKEL ZUM THEMA

Kolumne Lügenleser: „Slow Food“-Menü für den Alltag

Der neueste Trend? Entschleunigung. Unser Kolumnist hat ihn getestet. Das Internet ist an ihm vorübergerauscht und er hat nichts verpasst.

Streit um Hass-Kommentare bei Facebook: „Ich war's nicht“

Unter dem Facebook-Profil von Eduard S. wurde ein Mord gebilligt. Die taz berichtete, S. klagte. Ein neues Gesetz soll Hass im Netz eindämmen.

Raúl Krauthausen über Hasskommentare: „Die meisten sind junge Männer“

Als Aktivist wird Raúl Krauthausen im Internet mitunter übel beschimpft. Er übt sich in Seelenhygiene und sagt: Der Hass schwappt auch in die reale Welt.

Kommentar Hatespeech auf Facebook: Maas macht Dampf

Online-Netzwerke tun zu wenig, um Strafbares schnell zu entfernen. Der Bußgeld-Vorschlag des Justizministers präzisiert, was „unverzüglich“ heißt.

Hass und Fakes in sozialen Netzwerken: Maas droht mit Millionen-Bußgeldern

Der Justizminister kündigt ein Gesetz gegen Hetze auf Twitter und Facebook an. Greifen die Unternehmen nicht durch, drohen hohe Geldbußen.

Gewalt gegen Lehrer: „Hurensohn ist sehr beliebt“

Was geht ab an Berlins Schulen? Eine Lehrerin aus Neukölln über Schüler, die Grenzen verletzen, und mangelnde Solidarität im Lehrerzimmer.

Yahoo kämpft gegen Hate Speech: „… sie erschießen …“

Yahoo will Hasskommentare löschen, ohne dabei unverfängliche Posts zu erwischen. Noch hat die Technik aber Grenzen.