taz.de -- Mäßig organisierter AfD-Parteitag: Deutsches Volk statt Multi-Kulti

Hamburgs AfD zieht mit Partei- und Fraktionschef Bernd Baumann an der Spitze in den Bundestags-Wahlkampf. Organisatorisch ist noch Luft nach oben
Bild: Rosa Bändchen für den Chef: Am Ende durften doch nur Parteimitglieder abstimmen

Die Hamburger AfD hat ihren Partei- und Fraktionschef Bernd Baumann zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gemacht Der 59-jährige frühere Verlagsmanager setzte sich am Sonntag beim Parteitag in den Elbarkaden in der Hafen-City im ersten Wahlgang mit 64 Stimmen (51,6 Prozent) gegen zwei GegenkandidatInnen durch. In seiner Rede hatte er beklagt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „den schönen Begriff des deutschen Volkes abschaffen will“.

Mit immerhin 52 Stimmen wurde die frühere Betriebsrätin und Sozialdemokratin Nicole Jordan belohnt, die erklärt hatte, sie sei „bereit für den Kampf gegen Multi-Kulti“. Ihre Parole laute: „Deutschland zuerst.“ Dennoch verlor sie auch den Kampf um Platz 2 gegen den Bürgerschaftsabgeordneten Alexander Wolf. Der Rechtsanwalt und Alte Herr einer schlagenden Verbindung setzte sich im zweiten Wahlgang mit 58 zu 52 Stimmen durch. Seine Bewerbungsrede gipfelte in dem Satz: „Mir kann keiner vorwerfen, dass ich zu liberal bin.“

Die Versammlung, an der etwa 130 Parteimitglieder teilnahmen, hatte bereits mit mehr als einstündiger Verspätung begonnen. Bei der ersten Einlasskontrolle waren etliche falsche Armbändchen an Mitglieder und Gäste verteilt worden. Alle mussten den Saal wieder verlassen und erneut durch die Kontrollen. „Wir dürfen keine formalen Fehler machen“, hatte Parteichef Baumann die Versammlung beschworen. Das Nominierungsverfahren müsse streng nach Bundeswahlrecht erfolgen, „damit unsere Gegner das nicht anfechten können“.

Ohne Podium, ohne ausreichende Beleuchtung und mit ungenügender Mikrofonanlage mussten die KandidatInnen ihre Basis zu überzeugen versuchen – „man hört hier hinten nichts“ wurde zum ständigen Zwischenruf. Und was dann durchdrang, wäre zumeist besser ungesagt geblieben.

Jens Eckleben etwa, der bei seiner Bewerbung um den ersten Platz nur sieben Stimmen erhielt, hetzte gegen die Hamburger SPD-Spitzenkandidatin Aydan Özoğuz. Die Staatsministerin für Integration in der Bundesregierung „fördert Islamismus und Salafismus“, will Eckleben erkannt haben. Jura-Studentin Delphine Thiermann, stellvertretende Vorsitzender „Jungen Alternative“, bewarb sich erfolglos um Platz 2 trotz der Versicherung, „gegen Feminismus und die Quote“ zu sein.

Für einen Sitz im Bundestag müsste die AfD in Hamburg fünf Prozent der Stimmen bekommen, für zwei Mandate mindestens 13 Prozent. Umfragen aus dem März sehen die Rechtspopulisten bundesweit bei neun bis 11,5 Prozent. Die jüngste auf Hamburg bezogene Umfrage aus dem Dezember 2016 sieht die AfD bei vier Prozent für die nächste Bürgerschaftswahl.

Vor dem Parteitag hatte das Hamburger Bündnis gegen Rechts in einem offenen Brief die Elbarkaden Lounge aufgefordert, die Vermietung der Räume an die AfD zurückzuziehen, „denn damit geben Sie einer rechtspopulistischen Partei den Platz, ihre homophobe, rassistische und sozialdarwinistische Haltung zu verbreiten“. Diese wies das zurück. „Das derzeit zugelassene Parteienspektrum von Rechts bis Links hat die Möglichkeit bei uns Tagungen zu absolvieren.“ Etwa zwei Dutzend Menschen nahmen an einer Fahrrad-Demo des Bündnisses gegen Rechts gegen den Parteitag teil.

27 Mar 2017

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Sven-Michael Veit

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