taz.de -- US-Justizminister Jeff Sessions: Aus Russland-Ermittlungen raushalten
US-Justizminister Sessions steht wegen Treffen mit dem russischen Botschafter während des Wahlkampfs in der Kritik. Präsident Trump spricht von einer Hexenjagd.
Washington dpa | US-Justizminister Jeff Sessions steht wegen seiner Kontakte zum russischen Botschafter im Wahlkampf in der Kritik. Sessions kündigte an, sich wegen Befangenheit aus Ermittlungen zu einem möglichen russischen Einmischungsversuch in die US-Präsidentschaftswahl herauszuhalten. Er wollte dies jedoch nicht als Schuldeingeständnis werten.
Die Demokraten forderten den Minister zum Rücktritt auf. Präsident Donald Trump sprach ihm sein Vertrauen aus. Die New York Times berichtete unterdessen von einem weiteren Treffen zwischen Vertrauten Trumps und dem russischen Botschafter in den USA, Sergei Kisljak.
Sessions hatte sich noch vor seiner Amtseinführung zweimal mit dem Diplomaten getroffen, verneinte Kontakte zu Vertretern Russlands aber in seiner Anhörung vor dem Senat explizit. Die Befragung im Justizausschuss erfolgte unter Eid. Auch auf eine entsprechende schriftliche Anfrage antwortete Sessions mit „Nein“.
Mit einer Reihe von Twitter-Nachrichten meldete sich Trump am Donnerstagabend zu Wort. Jeff Sessions sei ein ehrlicher Mann und habe nichts Falsches gesagt, [1][schrieb der Präsident darin]. „Er hätte seine Antwort genauer darlegen können, es war aber eindeutig keine Absicht“, führte Trump fort.
Die oppositionellen Demokraten wollten nur nach der verlorenen Präsidentenwahl das Gesicht wahren und überspannten dabei den Bogen. „Sie haben die Wahl verloren, und nun leiden sie unter Realitätsverlust.“ Das wahre Thema sei die illegale Weitergabe vertraulicher Informationen, twitterte Trump und fügte hinzu: [2][„Es ist eine totale ‚Hexenjagd!‘“]
Gespräche über Terrorismus und die Ukraine
Der Justizminister hatte am Donnerstag die Darstellung zurückgewiesen, er habe die Senatoren über die Kontakte getäuscht. „Ich habe mich niemals mit russischen Agenten oder russischen Mittelsmännern zu Trumps Wahlkampf getroffen“, hatte er gesagt. „Und die Vorstellung, ich sei Teil eines ‚kontinuierlichen Informationsaustauschs‘ zwischen Vertretern von Trump und Mittelsmännern der russischen Regierung ist völlig falsch.“
Bei dem Treffen mit dem russischen Botschafter sei es nicht um seine Rolle im Wahlkampfstab von Trump gegangen, sondern er habe in seiner Funktion als Senator mit Kisljak gesprochen, erklärte Sessions. Bei dem Gespräch am 8. September habe er mit ihm über Terrorismus geredet, dann habe Kisljak den Ukraine-Konflikt erwähnt.
Der Republikaner fügte jedoch hinzu, dass er in der Anhörung hätte sagen sollen, dass er sich mit einem russischen Vertreter getroffen habe. Er kündigte an, dem Justizausschuss seine Aussage in einem Brief zu erklären.
Sessions steht als Justizminister in Personalunion mit dem Generalbundesanwalt dem FBI vor. Beide Behörden ermitteln Medienberichten zufolge wegen möglicher russischer Einmischungsversuche in die US-Präsidentenwahl. Amerikanische Geheimdienste machen Russland für eine Reihe von Hackerangriffen auf E-Mailkontos der Demokraten im Wahlkampf verantwortlich.
Sessions sagte, nach Gesprächen mit seinen Mitarbeitern sei er zu dem Entschluss gelangt, dass es besser wäre, sich aus Ermittlungen herauszuhalten. Er könne nicht Teil einer Untersuchung zu einem Wahlkampf sein, in dem er selbst eine Rolle hatte. Er wollte seine Ankündigung ausdrücklich nicht als Bestätigung dafür verstanden wissen, dass bereits Ermittlungen liefen.
Demokraten fordern Untersuchungsausschuss
Trump hatte am Donnerstagnachmittag gesagt, er vertraue Sessions. Er erklärte aber auch, er habe nichts von dessen Treffen mit dem Botschafter gewusst. Sessions war einer seiner loyalsten Wahlkampfhelfer.
Die Demokraten forderten die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der die Beziehungen des Wahlkampflagers von Trump zu russischen Regierungskreisen unter die Lupe nimmt. Vor wenigen Wochen hatten die New York Times und der Nachrichtensender CNN berichtet, Trump-Mitarbeiter hätten während des Wahlkampfs wiederholt mit russischen Geheimdienstmitarbeitern in Kontakt gestanden. Der Präsident dementierte das.
Trumps Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn musste im Februar nach weniger als einem Monat im Amt zurücktreten, weil er noch vor Trumps Amtsübernahme mit dem Botschafter Kisljak über US-Sanktionen gegen Russland gesprochen und dies verheimlicht hatte.
Wie die New York Times am Donnerstagabend berichtete, traf sich Flynn schon im Dezember mit dem Botschafter. An der zwanzigminütigen Begegnung im Trump-Tower nahm demnach auch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner teil.
„Sie haben die Beziehung allgemein erörtert und es ergab Sinn, dass sie einen Weg der Kommunikation herstellen“, sagte Trumps Sprecherin Hope Hicks der Zeitung. Kushner habe Treffen mit vielen Vertretern anderer Länder gehabt.
3 Mar 2017
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