taz.de -- Musikfestival in Berlin: Lollapalooza wird nobel

Das Indie-Festival zieht vom Treptower Park an den Stadtrand – an einen Ort, der eigentlich eine ganz andere Klientel anzieht.
Bild: Findet jetzt jwd statt

Vor zwei Jahren das Tempelhofer Feld, doch dann kamen die Flüchtlingsunterkünfte. Letztes Jahr der Treptower Park, doch dann kamen die Proteste der besorgten Anwohner, die Angst um die Flora und Fauna ihres Parks hatten, Angst vor der Lautstärke, Angst, dass jemand das Sowjetische Ehrenmal vollkotzen könnte. Und jetzt also die News des Tages: Das Lollapalooza Festival wird in diesem Jahr, genauer gesagt im September, auf der Galopprennbahn Hoppegarten stattfinden.

Moment mal, Hoppegarten? Galopprennbahn? Sofort drängen sich Bilder von vornehmen Damen in weiten Röcken mit gewaltigen Hüten auf, von Gentlemen in Gehröcken und steifen Zylindern. Die Rennbahn vor den Toren der Stadt wurde von Kaiser Wilhelm I. und Kanzler Otto von Bismarck geöffnet.

Bis zum Zweiten Weltkrieg war sie einer der Mittelpunkte des Berliner Lebens. Aber ist Hoppegarten nach wie vor jener Gegenentwurf zur proletarischeren Trabrennbahn in Karlshorst? Ist es noch immer jener seltsame Ort, an dem sich ein paar Mal im Jahr die Reichen und Schönen treffen, die man sonst eher selten sieht in Berlin?

Die Recherche ergibt: Ja, das ist die Rennbahn noch immer – oder vielmehr ist sie es wieder. In der DDR fristete der Galopprennsport ein Nischendasein, nach der Wende bedrohten Besitzerwechsel und andere Finanzquerelen ihre Existenz. Doch 2008 machte ein Fondsmanager aus London die Rennbahn zur einzigen in Europa, die komplett in privater Hand ist.

Und Gerhard Schöningh schafft es angeblich immer besser, mehr und mehr Männer in blauen Hemden mit weißen Kragen und Windhunden an der Leine nach Hoppegarten zu locken, die ihrer Liebsten schon zum Auftakt das eine oder andere Fläschchen Champagner spendieren. Die Ligusterhecken werden sorgfältiger gepflegt denn je und Schöningh hat für die Haupttribüne die Stühle vom Royal-Ascot-Pferderennen in England nachbauen lassen.

Aber wie passt so viel Noblesse zu den trampelnden Horden, die sich in diesem Jahr so schöne und wichtige Bands wie Mumford & Sons oder The XX zu Gemüte werden führen dürfen? „Lollapalooza ist eine starke Marke im Entertainment-Bereich mit interessanten Zielgruppen. Wir erwarten eine Steigerung unserer Bekanntheit wie auch neue Besucher für unsere Rennen“, sagt Gerhard Schöningh.

Und wenn es wider Erwarten doch Ärger geben sollte mit den oberen Zehntausend? Dann wird Schöningh einfach neue Ligusterhecken pflanzen lassen.

1 Feb 2017

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Susanne Messmer

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