taz.de -- Künstler über US-Kultur unter Trump: „Es geht um Symbole“
Künstler und Kulturschaffende rufen zum Kulturkrieg gegen Trump auf. Einer der Initiatoren von „Occupy Museums“ im Interview.
taz: Herr Fischer, Sie sind einer der New Yorker Organisatoren des „J20 Art Strike“, zu dem berühmte Künstlerinnen wie Cindy Sherman aufgerufen haben. Was ist der Art Strike?
Noah Fischer: Es ist ein loses Bündnis aus Schriftstellern, Künstlern, Kuratoren und Aktivisten. Es gibt sehr verschiedene Antworten auf den Aufruf. Klassischer Streik: Viele Galerien und einige Museen werden schließen. Andere, in Minneapolis, Boston oder Los Angeles, werden freien Eintritt gewähren oder Aromatherapien gegen Trump-Stress anbieten wie das Baltimore Museum of Art.
Das klingt nicht danach, als würde es den künftigen Präsidenten Donald Trump sonderlich stören.
Wir sind froh, dass es überhaupt solche Reaktionen gibt. Die großen New Yorker Museen wie das MoMA oder das Guggenheim Museum machen gar nichts. Wir, von Occupy Museums haben es geschafft, dass sich das Whitney Museum solidarisch zeigt. Wir werden dort eine große Versammlung abhalten, wo wir über unsere Aufgaben in der Kunstwelt diskutieren wollen.
Was werden die sein?
Der Kulturkrieg hat bereits begonnen. Rechte, weiße Populisten sehen Kunst nur als elitäre Veranstaltung. Wir dagegen wollen Kulturorganisationen und Museen in den Kampf für ökonomische und soziale Gleichheit einbinden. Wir nehmen uns ein Beispiel am Queens Museum. Das wird am Freitag eine Diskussionsveranstaltung über seine Zukunft organisieren. Der größte Teil seiner Mitarbeiter wird zu den ersten Opfern von Trump zählen. Die meisten von ihnen kamen als Kinder illegal in die USA und haben dank Obama eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung, die Trump aber zurücknehmen will.
Streiks in Galerien und Museen haben einen ähnlichen Effekt wie Studentenstreiks, oder?
Ja. Aber es geht um Symbole. Es gibt auch Trump-Unterstützer unter Kunstsammlern und Museumsmachern. Wenn Museen ihre Türen öffnen, um über ihre eigene Rolle unter der Regierung Trump und Widerstand von Künstlern zu diskutieren, hat das starke Symbolkraft.
Wie leisten Sie als Künstler Widerstand?
Unsere Gruppe ist beeinflusst von Bewegungen wie Black Lives Matter. Wir kritisieren die Überpräsenz weißer Künstler in Sammlungen, Museen, Öffentlichkeit. Die Kunstwelt kann Eigeninitiative übernehmen und egalitärer werden, Räume für Minderheiten öffnen.
Radikalisiert und politisiert sich die Kunstwelt mit Trump?
Schwer zu sagen. Wir wissen ja nicht, in welchem Amerika wir zukünftig leben werden. Aber die Kunstwelt hat sich seit 2011 stark politisiert. Nicht nur in den USA. Die Occupy-Bewegung war der Auslöser für diese Entwicklung. Sie war ein Moment, der eine Generation geprägt hat. Mit J20 verpflichten wir uns, weiter zu machen.
Was erhoffen Sie sich davon?
Dass Leute, die bisher glaubten, sich raushalten zu können, sich einmischen. Jedes Land, das Demokratie und Bürgerrechte einschränkt, zwingt die Leute dazu, eine autonome Sphäre zu schaffen, in der sie Luft zum Atmen haben.
Sprechen Sie auch darüber, ob und wie man mit Trump-Wählern sprechen kann?
Die amerikanische Gesellschaft ist gespalten. Es ist Zeit, die Grenzen zu überqueren. Die Veranstaltung mit dem Whitney Museum ist ein Schritt Richtung Mainstreampublikum. J20 und der Women’s March am Samstag könnten die Samen einer größeren Bewegung sein.
Sie werden aber nicht teilnehmen, weil Sie im Freien Theater Düsseldorf sein werden.
Genau. Ich werde dort – im Anschluss an das Stück „Not my revolution if … Die Geschichte der Angi O“ vom Performancekollektiv andcompany&Co. – auf einem Podium über Trump sprechen. Ich habe das Bühnenbild dafür entworfen. Wir werden über Erfahrungen reden, die europäische Künstler mit rechten Regierungen gemacht haben und wie eine internationale Solidarität zwischen Kunstkollektiven aussehen kann. Ich bin auf diplomatischer Mission.
20 Jan 2017
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