taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Die Engel bitten zum Tanz

Diese Woche beginnt mit viel Tanz – und sei es auch nur aus Trotz, weil 2017 die Verhältnisse nicht gerade zum Tanzen sein werden. Gut so, denn Tanzen transzendiert.
Bild: Na, sind Sie auch ins neue Jahr hineingetanzt, so wie hier ein paar Feiernde in Edinburgh?

Zuallererst hoffen wir, dass Sie alle auch wirklich gut gerutscht sind vom alten in das neue, noch so frische Jahr.

2017 also. Und dabei hat man sich gleich den ersten Gefallen getan, wenn man in das Ungewisse nicht einfach nur so reingeschlittert ist. Sondern – selbstbewusster, der Zukunft zugewandt – hineingetanzt hat in das Jahr. Womit ein guter Anfang gemacht wäre, an dem man noch besser anknüpfen kann, wenn man dabei bleibt. Tanzen. Durch das Jahr. Gleich morgens, ein paar tänzelnde Schritte beim Zähneputzen. Einfach so. Oder als Trotz, weil doch auch 2017 nicht alle Verhältnisse so recht zum Tanzen sein werden. Aber schließlich soll bereits Augustinus von Hippo, der Kirchenlehrer der Spätantike, gewusst haben, dass die Engel nichts anzufangen wüssten mit einem Menschen, der nicht tanzen könne.

Diese Ansicht ist nicht weniger bedeutsam, selbst wenn man gar nicht mehr an Engel glauben will.

Wobei auch im Tanz ja immer neue Wege im Ausdruck gesucht und die alten frisch überprüft werden sollten. Was man bei den Tanztagen Berlin macht, traditionell das erste große kulturelle Räkeln zum Jahresbeginn und wichtigster Termin für den choreografischen Nachwuchs der Stadt.

Ab Donnerstag wird in den Sophiensælen der zeitgenössische Tanz auf seine Zeitgenossenschaft hin überprüft, etwa mit Blick auf die Algorithmenwelt im Internet und wie damit analog auf den Füßen umzugehen ist (mehr zur Bewegung auf Seite 24: „Wo Berlin tanzt“).

Nicht alles neu

Aber es kann auch 2017 nicht alles neu sein. Noch ist 2016 nicht abgearbeitet. Da liegt einiges zur Wiedervorlage bereit. Der Fall Andrej Holm beispielsweise. Staatssekretär, Stadtforscher, Staatssicherheitsmitarbeiter. Debattiert wird, ob der Mann wegen Letzterem Ersteres überhaupt bleiben dürfe. „Einmal Stasi – immer Stasi?“, ist die Frage, mit der der „Fall“ am Freitag im Kultur- und Bildungszentrum Sebastian Haffner, Prenzlauer Allee 227–228, diskutiert wird. Das machen ab 19 Uhr der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk und Holm (zu dem auf Seite 15 und 16 ein Porträt zu lesen ist) selbst.

Nicht vergessen, Tanzen: Die richtige Musik, um einen wirklich auf die Füße zu bringen, kennt Freddy Fischer mit seiner Cosmic Rocktime Band. Am Samstag im Lido stellen sie das neue Album vor: „In dem Augenblick“. Und Tanzen transzendiert. Schlager ist da nicht mehr nur schnöder Schlager, Disco wird zum Bekenntnis.

Immer auch tanzen. Trotz alledem.

2 Jan 2017

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Thomas Mauch

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