taz.de -- Gerichtsverfahren gegen Putin-Gegner: Alexej Nawalny muss weiter bangen
Ein Betrugsverfahren gegen den Politiker wird neu aufgerollt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte den Prozess als unfair eingestuft.
Moskau dpa | Das Oberste Gericht Russlands hat ein umstrittenes Urteil gegen Oppositionsführer Alexej Nawalny aufgehoben und eine Wiederaufnahme des Betrugsverfahrens angeordnet. Es folgte damit nur teilweise einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der die Einstellung des Verfahrens gefordert hatte. Nawalny kritisierte die Entscheidung. Der Fall hätte zu den Akten gelegt werden müssen, sagte er am Mittwoch der Agentur Tass zufolge.
Nawalny war 2013 zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der heute 40-Jährige soll eine Holzfirma schlecht beraten haben und für deren Verlust von damals umgerechnet 400.000 Euro verantwortlich sein.
Kritiker sehen den Richterspruch gegen den bekannten Gegner von Präsident Wladimir Putin als politisch motiviert an. Der Europäische Gerichtshof hatte im Februar entschieden, dass im Verfahren gegen das Recht des Angeklagten auf einen fairen Prozess verstoßen worden sei.
Nawalny kritisierte, dass die Wiederaufnahme viele Fahrten von Moskau an den 900 Kilometer entfernten Gerichtsort Kirow bedeute. Dies schränke ihn in seiner politischen Aktivität massiv ein.
Dem Oppositionspolitiker Leonid Wolkow zufolge kann Nawalny nach dem Beschluss des Obersten Gerichts aber zumindest bei Wahlen wieder kandidieren. Als Verurteilter war ihm dies zuvor verwehrt. Nawalny strebt eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl in Russland 2018 an.
16 Nov 2016
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