taz.de -- Kommentar Fillons Wirtschaftspläne: Jedes Sparprogramm wird scheitern
Der frisch gewählte Präsidentschaftskandidat Fillon will Frankreichs Wirtschaft „liberalisieren“. Was bedeutet sein Sieg aus ökonomischer Sicht?
Das Rezept ist so schlicht wie falsch: Der konservative Präsidentschaftskandidat FrançoisFillon will Frankreichs Wirtschaft „liberalisieren“. Reiche und Unternehmen sollen entlastet werden – was der Rest der Bevölkerung finanziert, weil die Mehrwertsteuer steigen würde. Zudem soll ein „schlanker“ Staat 500.000 Beamtenposten streichen.
Dieses Programm kann nicht funktionieren, denn es hat einen Staat noch nie reich gemacht, die Reichen zu beschenken und Ausgaben zu kürzen. Stattdessen setzt eine Spirale nach unten ein: Wenn die „normalen“ Bürger ihren Konsum einschränken müssen, setzen die Firmen weniger ab und entlassen Angestellte. Es wird noch weniger konsumiert – was weitere Stellen kostet.
Doch Fillon vertraut nicht der Logik, sondern seinem Augenschein: Die Nachbarn haben es doch vorgemacht! In Großbritannien setzte Margaret Thatcher ab 1980 auf einen „schlanken Staat“ und Billiglöhne in der Industrie; Deutschland folgte später mit seiner Agenda 2010. Beide Länder scheinen zu prosperieren.
Doch Fillon übersieht, dass Großbritannien und Deutschland nicht nur auf Billiglöhne gesetzt haben. Sie haben die sinkende Binnennachfrage gleichzeitig kompensiert – indem sie ihre Nachbarn beklauten.
Zu spät
Thatcher rief den „Big Bang“ aus: Die Banken wurden dereguliert und Großbritannien zu einer Steueroase. Europäisches Finanzkapital strömte nun vor allem in die City of London, was Tausende von gut bezahlten Stellen schuf.
Deutschland war das erste Euroland, das seine Löhne drückte, um Marktanteile für seine Exportgüter zu ergattern. Um die Deutschen wieder einzuholen, müsste Fillon die französischen Löhne um etwa 20 Prozent senken. Das ist unmöglich.
Frankreich kommt zu spät, um sich mit miesen Tricks bei seinen Nachbarn zu bedienen. Jedes Sparprogramm wird also scheitern – und die Rechtspopulisten weiter stärken.
28 Nov 2016
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