taz.de -- RB Leipzig in der 1. Bundesliga: Ein Eisberg auf Erfolgskurs

Der RB Leipzig selbst führt den Sprung an die Tabellenspitze auf fehlenden Druck zurück. Auch die Konkurrenz traut dem Klub viel zu.
Bild: Gegen Leverkusen der Beste der Besten: Leipzigs Torschütze Emil Forsberg

Leverkusen taz | Nach dem bislang letzten Coup seiner Mannschaft hat sich Ralph Hasenhüttl mal genauer in der Leipziger Kabine umgeschaut – und eine erstaunliche Entdeckung gemacht.

Der vorübergehende Sprung an die Tabellenspitze, der mit der Bayern-Niederlage in Dortmund 22 Stunden später dann auch Bestand hatte, bot eine exzellente Gelegenheit für eine interne Inspektionstour. Und als Trainer Hasenhüttl nach dem 3:2 bei Champions-League-Teilnehmer Leverkusen aus den Umkleideräumen kam, war er um eine Erkenntnis reicher.

Der Aufstiegsdruck aus dem Vorjahr, den der gebürtige Grazer nur vom Hörensagen kennt, sei passé, in der aktuellen Situation habe seine Mannschaft nichts zu verlieren. „Die Jungs haben positiven Stress – und das führt dazu, dass sie auch nach dem Spiel in der Kabine unglaublich cool sind.“

Doch diese Lockerheit tragen die RB-Kicker längst auch nach außen. So wie in der BayArena – als Emil Forsberg, am Freitag ihr Bester in einem starken Team, beide Hände tief in seinem schwarzen Trainingsmantel vergraben hatte und entspannt in die Runde lächelte.

Der 25-jährige Schwede sah aus wie ein kleiner, lässiger Fußballkönig – und sagte, so gar nicht monarchisch: „Wir haben eine super Mannschaft. Aber wir sind noch jung, spielen unsere erste Saison in der Bundesliga.“

Nur die Spitze des Eisbergs

Vergleiche mit den Bayern, die nun drei Punkte hinter den Rekordaufsteiger zurückgefallen sind, wies er jedoch mit großer Freundlichkeit zurück. Auch wenn anerkannte Fachleute wie BVB-Coach Thomas Tuchel oder der eigene Sportdirektor Ralf Rangnick einen Neuaufguss der jüngsten Sensationsmeisterschaft von Leicester City in der Premier League für die Bundesliga inzwischen für möglich halten.

„Wir wollen unsere Köpfe nicht nach oben richten, sondern weiter hart arbeiten“, erläuterte Forsberg das Mantra der Sachsen. Mit dieser Haltung brachten es die Leipziger auf eine Startbilanz von elf niederlagenlosen Partien – in 53 Jahren Bundesliga gelang das noch keinem Neuling. Trainer Hasenhüttl bemühte sich deshalb gar nicht erst, seinen Stolz zu verbergen, weitete er sein Lob aber zugleich auf Vereine wie Hoffenheim, Berlin, Frankfurt oder Köln aus.

„Es sind ja nicht nur wir. Viele Mannschaften haben den nächsten Schritt gemacht. Darüber freuen wir uns“, erklärte er, sagte über das eigene Ensemble aber auch: „Ich glaube schon, dass wir schwer zu schlagen sind.“

Vor dem Leverkusen-Spiel erklärte er seiner Mannschaft, sie sei wie ein Eisberg, deren eigentliche Qualitäten unter der Wasseroberfläche lägen. Bei diesen eisigen Kolossen ist der nicht sichtbare gemessen am sichtbaren Anteil bekanntlich enorm. Und als Leipzig die Partie bei Bayer nach der Pause gedreht hatte, meinte ihr Kapitän Willi Orban trocken: „Ich glaube, wir haben gezeigt, dass der Eisberg sehr, sehr groß ist.“

Keine Einwände gegen diese These hatte Ralf Rangnick. Gerade wegen der Genese des Spiels, mit den Leverkusener Treffern nach 62 Sekunden und in der Nachspielzeit der ersten Hälfte. „Die Gegentore fielen zu ungünstigen Zeitpunkten. Wenn man dann zweimal zurückkommt und nach dem Ausgleich noch auf Sieg spielt, dann ist das schon ein besonderer Erfolg“, wertete der Sportchef den Auftritt im Rheinland als den nächsten Entwicklungssprung von RB.

RB Leipzig hat keine Doppelbelastung

Während Roger Schmidt die diversen Gastgeschenke seiner Akteure Julian Baumgartlinger (Eigentor), Hakan Calhanglou (verschossener Elfmeter) und Bernd Leno (sagenhafter Schnitzer bei Forsbergs 2:2) zusammenfasste:„Im Paket waren unsere Fehler ein bisschen zu viel.“

Zudem weiß Leverkusens Coach, dessen Team am Montag die strapaziöse Reise zum Königsklassenkick bei Dynamo Moskau antritt, um die günstigen Umstände in Leipzig. Hasenhüttls Team hat keine Spiele auf europäischer Bühne zu absolvieren, im DFB-Pokal war bereits nach der ersten Runde Schluss.

„Sie können sich unter der Woche in aller Ruhe auf das nächste Spiel vorbereiten. Deshalb gibt es keinen Grund, warum sie ihren Erfolgsweg nicht fortführen sollten“, erklärte Schmidt und schlussfolgerte: „Leipzig ist ein klarer Kandidat für die internationalen Plätze.

20 Nov 2016

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Andreas Morbach

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