taz.de -- Ungarn bestellt russischen Botschafter ein: „Entwürdigung“ von 1956

Russische Medien haben den ungarischen Volksaufstand von 1956 angeblich in schlechtem Licht dargestellt. Jetzt muss der russische Botschafter in Budapest antreten.
Bild: Der Volksaufstand von 1956 soll in russischen Medien fälschlicherweise als „Pogrom“ bezeichnet worden sein

Budapest dpa | Das ungarische Außenministerium hat den russischen Botschafter in Budapest einbestellt, weil russische Medien die ungarische Revolution von 1956 in einem schlechten Licht dargestellt haben sollen. „Bei dem Treffen wird das Ressort deutlich machen, dass wir es von niemandem hinnehmen, dass er in entwürdigender Weise über die Revolution von 1956 und ihre Helden spricht“, hieß es in der Erklärung des Ministeriums, welche die staatliche Nachrichtenagentur MTI am Dienstag veröffentlichte.

Laut MTI hatte die oppositionelle Öko-Partei LMP verlangt, den russischen Botschafter wegen Äußerungen in russischen Medien zu 1956 einzubestellen. Unter anderem soll der Volksaufstand von 1956 fälschlicherweise als „Pogrom“ oder auch als erste, vom Westen gesteuerte „bunte“ Revolution dargestellt worden sein.

Am 23. Oktober 1956 hatte sich die ungarische Bevölkerung gegen die stalinistische Führung des Landes und gegen die sowjetische Bevormundung erhoben. Die Revolte wurde am 4. November von sowjetischen Truppen blutig niedergeschlagen.

Unter dem rechts-nationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban pflegt Ungarn an sich ein gutes Verhältnis zu Russland. Anders als andere EU-Politiker vermeidet es Orban, den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen seines Vorgehens in der Ukraine oder in Syrien zu kritisieren.

26 Oct 2016

TAGS

Russland
Ungarn
Viktor Orbán
Ungarn
Ungarn
Lesestück Recherche und Reportage

ARTIKEL ZUM THEMA

Fake-Interview mit Viktor Orbán: Ein Inside-Job

Satire oder „Sabotage“? Unbekannte haben ein Orbán-Interview in einer Lokalzeitung gefälscht. Vier Mitarbeiter wurden entlassen.

Interview Leslie Mandoki: „Viktor Orbán ist ein Glücksfall“

Ex-Dschinghis-Khan-Mitglied Leslie Mandoki floh 1975 von Ungarn nach Deutschland. Heute verteidigt er die Politik des ungarischen Ministerpräsidenten.

Außenpolitik auf Bayerisch: In unverbrüchlicher Freundschaft

Sie verstehen sich: der bayerische und der ungarische Ministerpräsident. Viktor Orbán sprach am Montag im Bayerischen Landtag.

Prozess zum ungarischen Volksaufstand: Stalinist wegen Mordes vor Gericht

Béla Biszkú soll an der Niederschlagung des Aufstandes im Jahr 1956 beteiligt gewesen sein. Jetzt steht der 91-jährige vor Gericht.