taz.de -- Parteitag der Hamburger AfD wählt heimlich Nockemann: Freiheit von der Presse
Hamburgs Rechtspopulisten tagen lieber ohne Medien und Öffentlichkeit. Die AfD setzte ihren Rechtsaußen-Kurs fort und wählte Dirk Nockemann zum Vize-Chef
Hamburg taz | Dirk Nockemann ist der neue starke Mann in der Hamburger AfD. Ein Parteitag der Rechtspopulisten in der Hafencity wählte den ehemaligen Innensenator der Schill-Partei am Sonntag zum Stellvertreter des Partei- und Fraktionsvorsitzenden Bernd Baumann. Es gab einen Gegenkandidaten. Der 58-jährige Jurist war 2004 Schills Nachfolger als Spitzenkandidat der Schill-Partei und zog 2015 für die AfD ins Parlament ein.
Seine Wahl ist ein klares Signal für die Fortsetzung eines politischen Rechtsaußen-Kurses. In der Bürgerschaft war der 58-jährige Nockemann in den vergangenen eineinhalb Jahren ein Dutzend Mal bei dem Versuch gescheitert, in die parlamentarische Härtefallkommission gewählt zu werden. Die meisten Abgeordneten der anderen Fraktionen lehnten es ab, den Hardliner zum Mitglied eines Gnadengremiums zu machen, dass bei abgelehnten Asylbewerbern aus humanitären Gründen Gnade vor Aslyrecht ergehen lassen kann.
Mit dem neuen Posten konsolidiert Nockemann, der auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft ist, seine Führungsposition in der Partei. Insbesondere sein Intimfeind, der als für AfD-Verhältnisse liberal geltende Fraktionschef Jörn Kruse, wird zunehmend eingemauert. Ende September war ihm der konservative Baumann, der ihn bereist als Parteichef beerbt hatte, auch noch als gleichberechtigter Fraktionsvorsitzender zur Seite gestellt worden. Zweiter Stellvertreter in Partei und Fraktion ist zudem der Rechtsanwalt Alexander Wolf, der sich selbst als „nationalliberal“ bezeichnet.
Kruse dementierte indes gegenüber der taz Fluchttendenzen in die Bundespolitik. Er habe „noch keinen Gedanken“ daran verschwendet, 2017 für den Bundestag zu kandidieren. An diesem Gerücht sei nichts dran, so Kruse: „Ich will nicht nach Berlin.“
Zugleich räumte Kruse ein, dass auf der Bundestagswahl der „Hauptfokus“ der AfD im nächsten Jahr liege: „Wir sind im Aufwind.“ Von bis zu 100 Mandaten gar träumt der Hamburger Parteichef Bernd Baumann bereits. Wenn man die Ergebnisse der Landtagswahlen 2016 auf den Bund projiziere, lande die AfD bei 15,9 Prozent, rechnet Baumann vor, das könnte für eine politische Hundertschaft im nächste Bundestag reichen. „Das wird ein Erdbeben“, sagt er.
Nicht erklären konnte Baumann, warum die Hamburger Medien zum Parteitag am Wochenende nicht eingeladen wurden. Das aber wird er jetzt müssen. Der Vorstand der Landespressekonferenz Hamburg, der Vereinigung der rund 200 Rathausjournalisten, beschloss am Montag auf Antrag der taz, dem AfD-Vorstand in einem Protestschreiben die Grundregeln der Pressefreiheit zu erläutern.
7 Nov 2016
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