taz.de -- Namensgeber der Mars-Raumsonde: Der verrückte Kanalseher

Giovanni Schiaparelli entdeckte als Erster die Canyonlandschaften des roten Planeten. Der Astronom stiftete damit Verwirrung.
Bild: Ein Vordenker und Unruhestifter: Giovanni Schiaparelli

Der Weltraum. Unendliche Weiten … und Schiaparelli. Die Sonde der europäischen Weltraumagentur ESA soll heute auf dem Mars landen und hoffentlich weitere Erkenntnisse über den roten Planeten liefern. Aber warum eigentlich Schiaparelli? Für diesen Namen gibt es einen guten Grund.

Der italienische Astronom Giovanni Schiaparelli wurde im Jahr 1835 in Savigliano bei Cuneo geboren. Seine astronomischen Kenntnisse sind unbestritten, nur mit seinem Englisch haperte es. Denn ein Übersetzungsfehler ließ Gerüchte über ein Leben auf dem Mars bis zum Jahr 1965 nicht abreißen.

Schiaparelli entdeckte im Jahr 1877 auf dem Mars fast 1.000 Kilometer lange Senken, durch die nach seinen Vermutungen Wasser strömen könnte. Er bezeichnete diese Linien als „canali“, übersetzte sie aber falsch ins Englische mit „canals“, also Kanäle. Die Leser dachten deshalb, dass es auf dem Mars künstlich angelegte Kanäle gäbe, die folglich von einer bereits bestehenden Zivilisation angelegt worden sind.

Das hatte einen gewaltigen Mars-Hype zur Folge. Wissenschaftler glaubten, dass sie statt der Linien Kanäle durch ihr Teleskop betrachteten. Außerdem entstanden diverse Märchen und Mythen über das Leben auf dem Mars.

Erst 1965 konnten diese Behauptungen endgültig widerlegt werden. Die US-Sonde „Mariner 4“ machte erste Nahaufnahmen vom Mars im Weltraum, die deutlich die Linien zeigten – als lange Canyons oder Gebirgslandschaften und keineswegs als Kanäle.

Tragischerweise haftet der Ruf des verrückten „Kanalsehers“ bis heute an Giovanni Schiaparelli. Dabei hatte er zahlreiche weitere Erkenntnisse in der astronomischen Forschung gewinnen können. Ein Krater auf dem Mond, dem Merkur und einer auf dem Mars wurden zu seinen Ehren nach ihm benannt. Die größte Anerkennung erlangte er durch eine Arbeit, in der er bewies, dass der Meteorstrom der Perseiden (Auguststernschnuppen) mit dem Kometen „Swift-Tuttle“ von 1862 zusammenhängt.

Giovanni Schiaparelli ist 1910 in Mailand verstorben. 106 Jahre später besucht die Sonde, die seinen Namen trägt, den Mars.

19 Oct 2016

AUTOREN

Vanessa Clobes

TAGS

Mars
Raumsonde
Sternschnuppen
Mars
Raumfahrt
Raumfahrt
Radioaktiv
Narendra Modi
Indien

ARTIKEL ZUM THEMA

Nächte voller Sternschnuppen: Es ist nur Staub, aber es ist schön

Am Donnerstag und am Freitag werden aus dem Himmel über Berlin und Brandenburg viele Sternschnuppen zu sehen sein.

Fragile Weltraum-Forschung: Nasa-Marsrover twittert trotz Rissen

Die Sonde der europäischen Weltraumorganisation Esa hatte eine Bruchlandung auf dem Mars. Die der Nasa laufen auch nicht rund – machen aber weiter.

ExoMars-Mission des Esa: Auf der Suche nach Leben

Um die Erforschung des Roten Planeten ist längst ein internationaler Wettbewerb entbrannt. Und Europa holt mit der ExoMars-Mission auf.

Die Suche nach außerirdischem Leben: Krümel der Schöpfung

Ein Flug zum Mars muss sein. Nicht um eine zweite Erde zu schaffen. Sondern um die erste zu retten. Die Idee sollte zum Projekt der Weltgemeinschaft werden.

Energieprobleme bei der Nasa: Mit Plutonium ins Weltall

Die Nasa besitzt noch 35 Kilogramm Plutonium-238, um ihre Weltraummissionen in Schwung zu halten. Damit kommt sie nicht weit.

Indische Raumfahrt: Zum Buspreis auf den Mars

Bislang haben es nur die USA, die UdSSR und Europa geschafft, zum Mars zu fliegen. Jetzt hat Indien voller Stolz die Sonde „Mangalyaan“ losgeschickt.

Marssonde „Mangalyaan“: Fast zehnmal günstiger als die Nasa

Erfolg im ersten Anlauf: Eine indische Marssonde schwenkt in die Mars-Umlaufbahn ein. Die Nation ist stolz auf ein Manöver, an dem Japan und China gescheitert sind.