taz.de -- EU-Klage gegen Pkw-Maut: Dobrindts Klatsche mit Ansage

Eine Klatsche aus Brüssel für die Bundesregierung: Die EU-Kommission klagt gegen die deutsche Pkw-Maut, weil sie Ausländer diskriminiere.
Bild: Maut versaut? Alexander Dobrindt

Brüssel taz | Nun haben die Richter das letzte Wort. Gut ein Jahr, nachdem die EU-Kommission Bedenken gegen die geplante deutsche Pkw-Maut erhoben hatte, reichte sie am Donnerstag Klage beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ein. Die Maut verstoße gegen das Verbot, Ausländer zu diskriminieren, erklärte die EU-Behörde.

Nur in wenigen Fällen – die Kommission spricht von 5 Prozent – kommt es zu Klagen in Vertragsverletzungsverfahren. Meist lenken die betroffenen Regierungen vorher ein. Doch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt gibt sich erfreut. Der CSU-Politiker warf der Kommission vor, dass sie das Verfahren „schon viel zu lange verzögert“ habe.

Weil beide Seiten auf ihrem Standpunkt beharrten, konnte die Maut nicht wie geplant Anfang 2016 in Kraft treten. Nun drohen weitere Verzögerungen, denn das höchste EU-Gericht arbeitet langsam. Sollte 2017 kein Urteil gefällt werden, so könnte die Pkw-Maut sogar Thema im Bundestagswahlkampf werden.

„Diese Klage ist eine Klatsche mit Ansage und hochnotpeinlich für die Bundesregierung“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Nicht nur Dobrindt habe „Populismus über juristischen Verstand“ gestellt. Auch Kanzlerin Angela Merkel werde bestraft, weil sie der CSU „Narrenfreiheit“ gewähre.

Die geplante Maut soll laut Ministerium im Jahr rund 500 Millionen Euro einbringen, nach Abzug der Betriebskosten. Nach Dobrindts Plänen sollen Inländer im Schnitt 74 Euro Jahresmaut zahlen. Für Ausländer gibt es außerdem eine gestaffelte Zehntages- und Zweimonatsmaut (5 bis 30 Euro).

Allerdings bekommen nichtdeutsche Autofahrer keine Rückerstattung über eine niedrigere Kfz-Steuer. Genau darin sieht die EU-Kommission eine Diskriminierung. Außerdem seien die Preise für Kurzzeitvignetten unverhältnismäßig hoch, kritisiert die Brüsseler Behörde. Wenn sie sich vor Gericht durchsetzt, muss Dobrindt seine Maut völlig neu konzipieren – oder fallen lassen.

30 Sep 2016

AUTOREN

Eric Bonse

TAGS

Alexander Dobrindt
Pkw-Maut
Pkw-Maut
Maut-Vignette
Privatisierung
Pkw-Maut

ARTIKEL ZUM THEMA

Regelung der Pkw-Maut: „Moderne Wegelagerei“

Der Kompromiss wird mit einem Öko-Faktor verkauft. Umweltschützer kritisieren ihn als „unsoziale Flatrate“, Nachbarländer wollen klagen.

Streit um Pkw-Maut in Deutschland: Deutschland und EU vor Einigung

Zuerst hatte die EU-Kommission geklagt, weil die Maut Ausländer diskriminiere. Jetzt sei eine Einigung schon vor November möglich, sagt Alexander Dobrindt (CSU).

Drohende Privatisierung der Autobahnen: Projekt Superbehörde

Die Bundesregierung arbeitet heimlich am Aufbau einer Bundesfernstraßengesellschaft. Das Ergebnis könnte die Privatisierung aller Autobahnen sein.

Kommentar EU zur Pkw-Maut: Das Ende eines Irrwegs

Die EU-Kommission stellt Alternativen zu Dobrindts Mautplänen vor. Die Verwirklichung ist aber praktisch ausgeschlossen.