taz.de -- Junge Union gegen Barbara Hendricks: Rücktrittsforderung als Bumerang

Die CDU-Jugend kritisiert die Förderung von TTIP-Kritikern aus dem Umweltministerium. Das Geld wurde unter Peter Altmaier bewilligt.
Bild: Ja, es ist ein Brillenputztuch und die Junge Union könnte es gut gebrauchen

Berlin taz | Die Freude muss groß gewesen sein bei der Jungen Union: Gut 100.000 Euro hat das Bundesumweltministerium einem TTIP-kritischen Bündnis gezahlt, bestätigte das Ministerium in der Antwort auf die Anfrage eines CDU-Abgeordneten. „Ein skandalöser Vorgang“, wetterte die Jugendorganisation der Union am Dienstag.

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) habe damit die Bemühungen sabotiert, „die Bürger von diesem für Deutschland wichtigen Freihandelsabkomen zu überzeugen“, erklärte der JU-Vorsitzende Paul Zimiak – und forderte Konsequenzen: „Wir legen Frau Hendricks daher nahe, umgehend von ihrem Ministeramt zurückzutreten.“

Lange angehalten hat die Freude aber vermutlich nicht. Denn am Mittwochmorgen berichtete der Sprecher des Umweltministeriums, Michael Schroeren, dass die Projektförderung bereits am 31. Oktober 2013 bewilligt wurde. Damals hieß der Umweltminister noch Peter Altmaier, ein Mann mit CDU-Parteibuch. Persönlich unterzeichnet hat er den Förderbescheid zwar nicht, aber auf solche Details hatte die Junge Union bei ihrer Rücktrittsforderung an Hendricks auch keinen Wert gelegt.

Fordert die JU nun konsequenterweise auch den Rücktritt von Altmaier? Eine Antwort auf diese Frage geben die Jungpolitiker der taz nicht, erklären aber weiter trotzig: „Der Zeitpunkt der Mittelfreigabe ändert nichts an unserer Haltung. Wir fordern weiter Aufklärung.“

[1][Die amtierende Umweltministerin nimmt ihren Vorgänger sogar gegen dessen Parteifreunde in Schutz:] „Sollte die Junge Union jetzt den nachträglichen Rücktritt von Peter Altmaier fordern, würde ich mich vehement dagegen stellen“, schreibt sie auf Facebook. Inhaltlich stehe sie hinter der Förderung: Diese sei „ein gutes Beispiel für die zielgerichtete und bürgerorientierte Förderpolitik, die alle Umweltminister seit Gründung des Bundesumweltministeriums gepflegt haben“.

Unterschied zu Russland

Geflossen ist das Geld an das „Forum Umwelt und Entwicklung“, das zum Deutschen Naturschutzring gehört, dem Dachverband der deutschen Umweltverbände. Der Titel des Projekts lautet: „Internationale NGO-Vernetzung zu Querschnittsfragen von Handel und Umwelt und fachliche Begleitung aktueller Freihandelsfragen“.

Der CDU-Abgeordnete Mark Hauptmann meint, mit der Finanzierung „eines dezidierten TTIP-Protestbündnisses“ habe sich das Umweltministerium „gegen ein wesentliches Projekt der Bundesregierung“ gestellt. Damit habe es zur „TTIP-Hysterie in Deutschland beigetragen“, schreibt er.

Diesen Vorwurf findet Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung, bedenklich. „Das ist doch gerade der Unterschied zu Russland oder der Türkei“, sagt er der taz. „In Deutschland unterstützt die Regierung nicht nur Organisationen, die genau ihrer Meinung sind.“

22 Sep 2016

LINKS

[1] https://www.facebook.com/hendricks.barbara/posts/1294622187228160

AUTOREN

Malte Kreutzfeldt

TAGS

Schwerpunkt TTIP
Barbara Hendricks
Junge Union
Bundesumweltministerium
Peter Altmaier
Schwerpunkt AfD
Konsum
Barbara Hendricks
Miete
Schwerpunkt Atomkraft

ARTIKEL ZUM THEMA

Paul Ziemiak über die Junge Union: „An Sachpolitik arbeiten ist sexy“

Der Vorsitzende der Parteijugend erklärt, wie sie für Frauen attraktiver werden will. Auch für die Asylpolitik und den Streit zwischen CDU und CSU hat er Lösungen.

Kommentar Ökobilanz von Produkten: Umweltpolitik ist Machtpolitik

Sind Hinweise auf die wahren Kosten von Waren der erste Schritt in die Ökodiktatur? Nein. Der Vorstoß der Umweltministerin ist richtig.

„Programm 2030“ für mehr Nachhaltigkeit: Das Superministerium für Umwelt

Weil unser Wirtschaftsmodell aus dem Ruder gelaufen ist, will Umweltministerin Barbara Hendricks eine Revolution für mehr Öko-Power.

Kommentar Sozialer Wohnungsbau: Etwas beherzter, bitte

Bauministerin Hendricks will das Grundgesetz ändern, damit der Bund den sozialen Wohnungsbau fördern kann. Doch dafür haben wir nicht genug Zeit.

Mögliches Ende der Urananlage in Gronau: Feines Signal

Umweltministerin Hendricks kann sich vorstellen, die Urananreicherung in Gronau zu beenden. Was mit dem Abfall geschieht, ist weiterhin unklar.