taz.de -- Grüne bei der Landtagswahl in MV: Bangen bis zum Schluss
Für die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern wird es knapp. Sie haben zwar keine Wähler an die AfD verloren, dafür aber insgesamt.
SCHWERIN taz | Für die Grünen dürfte es ein langer Abend im Schweriner Kulturzentrum „Speicher“ werden. Ob er der Partei in guter Erinnerung bleibt, steht noch nicht fest. Nach den aktuellen Hochrechnungen ist sie nicht mehr im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns vertreten, dies steht jedoch noch nicht endgültig fest. Auf der Wahlparty dominieren verschränkte Arme und skeptische Gesichter, vereinzelt fließen Tränen. Grund zum Jubeln gibt es für sie nicht, stattdessen Verluste von mehr als drei Prozent.
Als um 18 Uhr die erste Prognose auf der Leinwand erscheint, brandet Applaus erst beim Ergebnis der NPD auf und später zur ersten Wählerwanderungsanalyse. Die ergibt, dass die Grünen kaum Wähler an die AfD verloren haben. „Das Ziel ist erreicht, wir sind wieder im Landtag vertreten. Ich habe mir aber mehr erwartet“, sagt der Landtagsabgeordnete Johannes Saalfeld. Vor allem an die SPD hätten die Grünen Stimmen verloren.
Gegen 20:30 Uhr tritt Spitzenkandidatin Silke Gajek auf die Bühne. „Sieht aus, als ob noch Luft nach oben ist“, beginnt sie lakonisch, setzt dann aber zu einer Motivations-Rede für die enttäuschten Wahlkämpfer an: „Wir haben einen guten Wahlkampf gemacht und ins für die offene Gesellschaft eingesetzt“. Mecklenburg-Vorpommern stecke nach dieser Wahl in einer „Demokratiekrise“. Ihre Partei habe die Aufgabe, im Landtag gute Oppositionspolitik zu machen. „Wir werden der Stachel bleiben, daran glaube ich ganz fest“.
Zuvor hatten die Landesvorsitzenden Andreas Katz und Claudia Müller sowie der Bundesvorsitzende Cem Özdemir gesprochen. Sie verbreiteten Durchhalteparolen, schrieben den Wiedereinzug noch nicht ab. Der Applaus war lang und dankbar, die Reden eine willkommene Bestätigung für die enttäuschten Wahlkämpfer. Ob das reicht, wird sich zeigen.
4 Sep 2016
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