taz.de -- Neuer Blog des ARD-Hauptstadtstudios: Macht euch mal locker!
Die Öffentlich-Rechtlichen versuchen es wieder „crossmedial“. Leider passen hippes Bloggen und die steife „Tagesschau“ nicht zusammen.
„Crossmedial“ heißt die aktuelle Powerfloskel in der Medienwelt, sie ist das neue „Output-orientiert“, wenn es darum geht, Innovation zu suggerieren.
Muss sich auch das ARD-Hauptstadtstudio gedacht haben, das gestern mit einem eigenen [1][Blog] ans Netz gegangen ist. Man ergänze die lineare Fernsehberichterstattung mit „netzaffinen Blogformaten“ versprach man dazu per Pressemitteilung – und zwar „manchmal auch mit einem Augenzwinkern“. Oho!
Klingt überraschend jung und frisch für die ARD, die ja sonst eher für ihren Stock im Arsch bekannt ist. Einziges Problem: Es mag nicht so recht funktionieren. Denn „crossmedial“ heißt eben nicht bloß „Fernsehen – jetzt auch online“. Die gemeine Social-Media-Nutzerin stellt ganz andere Ansprüche an Bildsprache und Schnelligkeit als der durchschnittliche 20-Uhr-Fernsehzuschauer.
Der Blog kommt zwar erst mal fresh und bunt daher – klickt man aber auf die Videobeiträge, dann folgt dieselbe Stocksteifheit, die man von der „Tagesschau“ kennt.
Korrespondent Peter Dahlheimer sitzt da bewundernswert bewegungslos vor dem Kanzleramt – das naturgemäß ebenfalls bewegungslos ist – und kommentiert in klassischer öffentlich-rechtlicher Tonalität: Stimme rauf, Stimme runter, Stimme rauf, Stimme runter, die Youtube-Gemeinde hat im dritten Schachtelsatz das X geklickt, wenn sie nicht vorher eingedöst ist.
Das kann leider auch das [2][Video] von einem Schafbock mit hohem Flauschfaktor nicht ausgleichen.
Liebes ARD-Hauptstadtstudio, für den Anfang schon mal gut, aber jetzt macht euch mal locker, dann klappt’s auch mit „crossmedial“.
29 Aug 2016
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