taz.de -- Anti-Ceta-Bündnis im Europaparlament: EU-Linke gegen Freihandel mit Kanada

Ein Zusammenschluss aus Grünen, Sozialdemokraten und Sozialisten will Ceta zu Fall bringen. Er beklagt die „große Koalition“ im Parlament.
Bild: Jetzt knipst auch ein Linksbündnis im EU-Parlament das rote Licht an

BRÜSSEL taz | Nach der Großen Koalition in Berlin bekommt nun auch die (informelle) große Koalition in Brüssel Probleme mit dem geplanten Freihandelsabkommen Ceta. Ein neues, parteiübergreifendes Bündnis im Europaparlament, das sich „Progressive Caucus“ nennt, stellt sich gegen die Vereinbarung mit Kanada und fordert, die geplante vorläufige Inkraftsetzung zu stoppen.

„Wir leben im Europaparlament unter dem Banner einer faktischen großen Koalition“, sagte Fabio De Masi, Europaabgeordneter und Finanzexperte der Linken. Deshalb seien bisher kaum kritische Stimmen zu Ceta nach außen gedrungen. „Dabei gibt es auch hier großen Widerstand, genau wie in der Bevölkerung“, so De Masi. „Wir glauben die Versprechen in den Freihandel nicht mehr.“

Das im Gegensatz zu seiner großen Schwester TTIP (dem Abkommen mit den USA) bereits ausverhandelte Ceta sei ein „trojanisches Pferd“ für US-Konzerne, die über den Umweg Kanada nach Europa exportieren wollen, warnte die grüne französische EU-Abgeordnete Eva Joly. Dabei könne auch mit Hormonen gespritztes Rindfleisch nach Europa gelangen, so Joly. Auch der geplante Investitionsgerichtshof stößt auf Kritik. Sogar der deutsche Richterbund sei dagegen, sagte De Masi.

Neben deutschen Linken und französischen Grünen arbeiten auch deutsche Sozialdemokraten, französische Sozialisten, griechische Syriza-Politiker und spanische Grüne im neuen Bündnis mit. Es ist als Reaktion auf die straffe Führung des Europaparlaments durch dessen Präsident Martin Schulz (SPD) und den Chef der christdemokratischen Fraktion, Manfred Weber (CSU), entstanden.

Die EU stehe nicht mehr für mehr Demokratie, sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Stattdessen habe sie sich zusammen mit den Mitgliedstaaten „zu Werkzeugen einer aggressiven Globalisierung gemacht.“ Mit „Dialog“ und „vertrauensbildenden Maßnahmen“ wollen die Progressiven gegensteuern.

7 Sep 2016

AUTOREN

Eric Bonse

TAGS

Freihandel
CETA
Schwerpunkt TTIP
EU-Parlamentspräsident
Wirtschaft
EU-Kommission
EU
Schwerpunkt TTIP
CETA
CETA
CETA
Kanada

ARTIKEL ZUM THEMA

Protest gegen TTIP und Ceta: Alle Demos, alles Geile

Ein Bündnis verschiedener Verbände ruft zur Demo gegen TTIP und Ceta auf. Am Samstag um 12 Uhr beginnt der Protest in sieben Städten.

Kampf um EU-Parlamentspräsidenten: Sozis sind stinksauer

Martin Schulz zum Abschuss freigegeben: Die Konservativen im EU-Parlament wollen auch den Posten des Parlamentspräsidenten.

Freihandelsabkommen Südkorea und EU: Abstauber ist die deutsche Wirtschaft

2011 haben die EU und Südkorea ihren Handel liberalisiert. Das Abkommen wurde einst heftig in Europa kristisiert, jetzt profitiert die EU am meisten.

Freihandelsabkommen mit der EU: „Kein Wunschkonzert“ für Brüssel

Der EuGH prüfte in einem Präzedenzfall, ob EU-Gremien Verträge wie Ceta allein abschließen können. Das scheint nicht der Fall zu sein.

Diskussion um Ceta-Abkommen: Ein Präzendenzfall beim EuGH

Welche Rolle spielen nationale Parlamente bei der Ratifizierung von EU-Verträgen wie Ceta? Ein aktueller Streitfall könnte Weichen stellen.

Gewerkschaften ringen um Ceta: Die Basis will jedenfalls nicht

Der DGB-Chef stellt sich erst hinter einen SPD-Antrag, rückt dann wieder davon ab. Der Verdi-Chef hält Ceta weiter für „nicht zustimmungsfähig“.

Kommentar SPD und Ceta: Die Basis für dumm verkaufen

Die SPD-Spitze will an der entscheidenden Stelle Ja zu Ceta sagen, um später vielleicht nachzubessern. Das ist ein fauler Kompromiss.

SPD zu EU-Kanada-Abkommen: Parteivorstand sagt ja zu Ceta

Der SPD-Vorstand hat den Leitantrag zum Handelsdeal mit Kanada mit einer Gegenstimme gebilligt. Scharfe Kritik gibt es von der Opposition.

SPD-Konvent zum Ceta-Abkommen: Erst zustimmen, dann beraten

Die SPD erweckt den Eindruck, beim EU-Kanada-Vertrag könne noch viel verbessert werden. Doch den Text will die Parteiführung gar nicht verändern.

Kanadierin zu Protest gegen Ceta: „Der Widerstand in der EU inspiriert“

Die kanadische Handelsexpertin Sujata Dey bedauert die unkritische Haltung der Kanadier zum Freihandel. Doch bei Ceta hat sie Hoffnung.