taz.de -- Migrationspolitik in den USA: Große Klappe, nichts dahinter
Kein Präsident hat so viele Migranten abgeschoben wie Barack Obama. Auch Donald Trump würde das kaum toppen.
New York taz | Das „10-Punkte-Programm“ zur Einwanderungspolitik, das Donald Trump in Phoenix, Arizona, vorstellt, klingt wie gewohnt: Er will eine „schöne, große Mauer“ bauen, will Mexiko 100 Prozent dafür zahlen lassen („die wissen nur noch nichts davon“, sagt er kurz nach seinem Mexiko-Besuch), will „kriminelle Ausländer“ abschieben, das Personal und den Haushalt der Grenzschutzpolizei vergrößern, will die Einwanderung aus Krisengebieten, in denen die USA militärisch interveniert sind – darunter Libyen, Syrien, Irak, Afghanistan –, komplett stoppen und will Einwanderer „sehr, sehr gründlichen“ Sicherheitsprüfungen unterziehen.
All das hört sich radikal an. Zumal es mit hasserfüllten und fremdenfeindlichen Unterstellungen gespickt ist. Schon in den ersten Minuten stellt Trump einen Zusammenhang zwischen Gewalttaten in den USA und „illegalen Einwanderern“ her. Mehr als eine Stunde später holt er Mütter und Väter von einem halben Dutzend ermordeter junger Leuten auf die Bühne und lässt sie jeweils zwei Dinge ins Mikrofon sagen: dass ihr Kind von einem „illegalen Fremden“ ermordet worden ist, und dass das mit einem Präsidenten Trump nicht passiert wäre.
Trumps zehn Punkte schüren Hass, doch an der realen Situation in den USA gehen sie weit vorbei. So hat sich die Einwanderung in den letzten Jahren auf einem historischen Niedrigstand eingependelt. Der Zenith der Migration in die USA war 2007, unter George W. Bush. So werden die straffällig gewordenen papierlosen Einwanderer längst in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt. Präsident Obama hat in seiner Amtszeit die Rekordzahl von mehr als 2,7 Millionen Menschen abgeschoben. Dadurch ist der Anteil von „Kriminellen“ unter Ausländern in den USA statistisch niedriger als in der alteingesessenen Bevölkerung.
Neu ist ein Werbeaccessoire: Zwei andere alte Männer, Rudolph Giuliani und Jeff Sessions, die am Morgen mit auf der Blitzvisite in Mexiko waren und am Abend in Phoenix Trumps Vorredner sind, tragen weiße Baseball-Mützchen. Darauf eine Variation von Trumps Slogan „Make America great again“: „Make Mexico great again, also“. Es klingt wie eine Verhöhnung der Menschen im Süden, die Trump vom ersten Moment seines Wahlkampfs mit Worten wie Dealer, Vergewaltiger, Kriminelle und „manchmal auch gute Menschen“ – beleidigt hat.
1 Sep 2016
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Arizona war Republikaner-Hochburg. Doch die Zahl der Latinos wächst. Sie wollen keine Abschiebungen und Grenzzäune, sondern Anerkennung.
Es bleibt dabei: Donald Trump, der republikanische Präsidentschaftskandidat, bedient seine Stammwähler und belügt sie zugleich.
Präsidentschaftskandidat Trump will an der Südgrenze eine Mauer bauen, für die Mexiko zahlen soll. Beim Besuch im Nachbarland gibt er sich staatsmännisch.
Donald Trump will US-Präsident werden und überhäuft unsere Autorin mit E-Mails. Sehr persönlich. Und sehr verräterisch.
Donald Trump ist nicht der Kandidat, den wir fürchten sollten. Die wirkliche Gefahr ist der gerissene Neofaschist, der unweigerlich folgen wird.