taz.de -- Pressearbeit durch Polizei behindert: Her mit den Fotos!

Polizisten beschlagnahmen die Kamera eines Pressefotografen bei Protesten gegen ein Militärzentrum in Sachsen-Anhalt.
Bild: Die Polizei befindet, es habe gute Gründe gegeben, den Fotojournalisten zu durchsuchen

Hamburg taz | Im Zuge der antimilitaristischen Aktionen des Protestcamps „War starts here“ gegen das Gefechtsübungszentrum der Bundeswehr in der Altmark Sachsen-Anhalts sind auch Pressevertreter ins Visier der Polizei geraten. Am vergangenen Samstag beschlagnahmten Polizisten den Fotoapparat des Hamburger Pressefotografen Hinrich Schultze. Schultze war an einem Parkplatz am Rande eines Waldgeländes an der Bundesstraße 189 ausgestiegen, um von dort über die angekündigten Proteste zu berichten.

„Ich habe mich im näheren Umkreis der dort befindlichen Wege aufgehalten und bin dabei auf keinerlei Warnschilder oder Zäune gestoßen“, berichtet Schultze der taz. Bei seiner Wiederkehr zum Auto, ohne zuvor eine Protestaktion fotografiert zu haben, sei er von Polizisten an der Weiterfahrt gehindert worden. Der Vorwurf: Betreten militärischen Geländes. „Trotz Vorzeigens meines gültigen Presseausweises wurde ich körperlich durchsucht“, sagt Schultze.

„Anschließend sollte ich den Beamten die Fotos in der von mir mitgeführten Kamera zeigen, weil sich dort möglicherweise Beweise für das illegale Betreten der militärischen Anlage befinden könnten.“ Schultze weigerte sich unter dem Hinweis des Zeugnisverweigerungsrechts. Die Kamera sei trotz fehlender Speicherkarte beschlagnahmt worden. Es sei ihm überdies untersagt worden, über Handy einen Anwalt zu konsultieren.

Der Sprecher der Polizei Salzwedel, Frank Hemisch, rechtfertigt das Vorgehen. Es habe der Verdacht auf eine Straftat vorgelegen: „Die Beamten mussten dem nachgehen, sonst hätte sie sich der Strafvereitelung schuldig gemacht.“ Die Beamten hätten vor Ort nicht überprüfen können, ob die Kamera über einen internen Speicher verfüge. Das habe dann die Kriminalpolizei Stendal getan. „Wäre der Fotograf kooperativer gewesen, wäre das alles nicht passiert.“

4 Aug 2016

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Kai von Appen

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