taz.de -- Mit dem Nachtzug von Berlin nach Malmö: Ruckelndes Eisenbahnabenteuer

Der Nachtzug Berlin–Malmö fährt per Schiff über die Ostsee. Das ist spannend, aber der Komfort lässt zu wünschen übrig.
Bild: Im schwedischen Trelleborg verlässt der Zug die Fähre und fährt nach Malmö weiter

Es ist schon gegen 23 Uhr, aber die Kinder wollen immer noch nicht auf ihren Liegen schlafen. Denn jetzt schiebt eine Rangierlok die Waggons des Nachtzugs Berlin–Malmö im Hafen Sassnitz auf Rügen in den Bauch einer Fähre. Ein Rucken geht durch den Zug, Räder und Schienen quietschen, dann hören wir die mächtigen Schiffsmotoren wummern. Eisenbahnschienen in einer Fähre – Bahnfans und Kinder sind fasziniert.

Nun können wir den Zug verlassen und zum Beispiel in der Cafeteria des Schiffs essen. In Richtung Malmö machen das aber nur wenige Passagiere, denn es ist gegen Mitternacht. Natürlich kann man auch einfach auf seiner Liege im Zug schlafen. Dort kann die Luft leider sehr heiß und abgasgeschwängert sein – und es gibt keine Klimaanlage in den Abteilen. Den Schlaf stören könnte auch ein grausiger Gedanke: Wenn die Fähre untergeht, dürfte es vergleichsweise lange dauern, sich aus dem Zugabteil im unteren Teil des Schiffs ins Freie zu kämpfen …

Wenn aber alles gut geht, legt die Fähre um 3.15 Uhr in Trelleborg an, wo der Zug dann noch einige Stunden im Schiffsbauch stehen bleibt. Die Ankunft in Malmö ist um 7.25 Uhr.

In Malmö kann man etwa eineinhalb Stunden später am selben Bahnsteig in einen Hochgeschwindigkeitszug der größten schwedischen Bahngesellschaft, SJ, umsteigen. Der erreicht um 12.39 Uhr den Stockholmer Hauptbahnhof.

Der „Berlin Night Express“ hat nur Liegewagen, keine komfortableren Schlafwagen. An den Enden der Waggons befinden sich Toiletten (mehrere waren während der Testfahrt defekt) und Waschräume ohne Duschen. In jedem Abteil gibt es sechs Liegen, die bei entsprechender Nachfrage auch alle belegt werden. Das ist einer der Gründe dafür, dass es ziemlich eng werden kann. Auch sind die Liegen nur 190 Zentimeter lang und 61 Zentimeter breit. Komforttechnisch ist auf jeden Fall ein Einzelabteil zu empfehlen. Doch das bedeutet einen je nach Buchungslage variablen, aber immer erheblichen Aufpreis.

Speisewagen? Fehlanzeige

Die Waggons, die früher der dänischen Staatsbahn gehörten, sind dem Betreiber Snälltåget zufolge 35 Jahre alt und wurden vor 15 Jahren zu Liegewagen umgebaut. Die Abteile haben weder Steckdosen noch WLAN. Die Gepäckablagen an der Stirnseite des Abteils und auf dem Boden sind schnell voll. Deshalb gibt es im ersten Wagen ein Abteil, in dem Gepäck abgestellt werden kann. Speisewagen? Fehlanzeige.

Die Tickets bucht man oft am günstigsten in einem Reisezentrum oder über das Servicetelefon der Deutschen Bahn. Dort gibt es dann auch Rabatt mit der BahnCard. Auf der Internetseite von Snälltåget und ohne Ermäßigung kostet die einfache Fahrt im Liegewagen mindestens 45 Euro.

Der Fahrplan ändert sich jede Saison ein bisschen. Dieses Jahr fährt der „Berlin Night Express“ noch bis 27. August mittwochs, freitags und sonntags im Berliner Hauptbahnhof um 19.28 Uhr los. In Malmö geht es montags, donnerstags und samstags um 17 Uhr wieder zurück. Ankunft in Berlin ist dann um 6.25 Uhr. Nächstes Jahr soll die Saison wieder im Juni starten, vorausgesetzt, dass Stena Line nicht den Eisenbahnfährdienst einstellt.

Fazit: Hoher Eisenbahnabenteuerfaktor wegen des Zugtransports per Fähre. Aber es muss mehr Komfort geben.

10 Aug 2016

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Jost Maurin

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