taz.de -- Gericht billigt Herrmann-Beleidigung: Ein ganz wunderbares Urteil
Ein Anwalt nennt Bayerns Innenminister ein „ganz wunderbares Inzuchtsprodukt“ und wird verklagt. Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage nun abgeschmettert.
Karlsruhe dpa/epd | Ein deutsch-ghanaischer Anwalt darf Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ungestraft ein „ganz wunderbares Inzuchtsprodukt“ nennen. Das Landgericht Karlsruhe bestätigte [1][ein entsprechendes Urteil]. Der Begriff stelle zwar eine unzulässige Beleidigung dar, im konkreten Zusammenhang sei er jedoch als Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung anzusehen, entschied das Landgericht Karlsruhe in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. (AZ: 4 Qs 25/16)
Stein des Anstoßes war der Auftritt Herrmanns in der Talk-Sendung „Hart aber Fair“ am 31. August 2015 zum Thema „800.000 Flüchtlinge – Schafft Deutschland das?“ Darin äußerte der CSU-Politiker ein wenig schmeichelhaftes Lob über den Sänger und Entertainer Roberto Blanco. Dieser sei immer schon ein „wunderbarer Neger“ gewesen, hatte der Minister gesagt.
Darüber ärgerte sich der Karlsruher Anwalt David Schneider-Addae-Mensah – und schrieb Herrmann acht Tage später einen Brief mit der umstrittenen Formulierung: „Ihre rassistische Gesinnung – Hallo Herr Herrmann, Sie sind ein ganz wunderbares Inzuchtsprodukt! Mit freundlichen Grüßen Dr. S…“ Der Brief hatte Folgen. Die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet, die gegen den Zuschauer einen Strafbefehl wegen Beleidigung beantragte.
Dem nun veröffentlichten Gerichtsbeschluss zufolge ist die Bezeichnung zwar „bewusst ehrverletzend“, aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Das Schreiben stehe in klarem Zusammenhang mit Herrmanns Äußerung. Denn Herrmann habe mit seiner Bezeichnung des „wunderbaren Negers“ gleichsam eine diskriminierende Äußerung gemacht.
Wer sich an einer öffentlichen Auseinandersetzung über gesellschaftliche Fragen beteilige, „muss eine scharfe Reaktion grundsätzlich auch dann hinnehmen, wenn sie sein Ansehen mindert“. Die Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe kann nicht mehr angefochten werden.
28 Jul 2016
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Entwicklungsminister Gerd Müller meint genau zu wissen, was „ein afrikanischer Mann“ mit seinem Geld anstellt.
David Schneider-Addae-Mensah nannte den bayerischen Innenminister ein „wunderbares Inzuchtprodukt“. Der hatte sich zuvor rassistisch geäußert.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann durfte ein „wunderbares Inzuchtsprodukt“ genannt werden. Das befand das Amtsgericht Karlsruhe.
Das ging daneben: Der bayerische Innenminister Herrmann wollte auf Erfolge von Flüchtlingen hinweisen und lobte Roberto Blanco auf seltsame Art.