taz.de -- Kommentar Donald Trumps Ausfälle: Trumps schreckliche Saat

Donald Trump wird die Wahl wohl verlieren. Bei seinen Hardcore-Anhängern könnte dann die Gewalt, die er jetzt rhetorisch sät, zur Reife kommen.
Bild: Ist nicht so gemeint: Donald Trump tut so, als würde er mit einem Gewehr schießen

Für die US-Republikaner muss es sich derzeit anfühlen, als säßen sie in einem Zug, der mit 150 Sachen auf eine Betonwand zurast. Die Bremsen funktionieren nicht, aussteigen geht nicht, und der Lokführer lacht sich eins. Immer wenn alle Welt denkt, Präsidentschaftskandidat Donald Trump könne sich nicht noch unmöglicher verhalten, überzeugt der vom Gegenteil. Und die Republikaner haben keine Chance, ihn aufzuhalten.

Seine Umfragewerte sinken von Tag zu Tag, die seiner Konkurrentin Hillary Clinton verbessern sich im gleichen Maße. Wenn es so weiterginge – um das zu prognostizieren, ist es allerdings noch viel zu früh –, stünde die „Grand Old Party“ im Kampf ums Weiße Haus vor einer Niederlage historischen Ausmaßes.

Trumps glühendste Anhänger können auch seine größten Entgleisungen nicht schrecken. Für sie ist jeder Bericht über die Ausfälle ihres Kandidaten nur eine Bestätigung ihrer Weltsicht: Das Establishment und die kontrollierten Mainstream-Medien schließen die Reihen, um den einzigen Kandidaten abzukanzeln, der sich traut, der Political-Correctness-Diktatur die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Eine Parallelwelt, deren Denkmuster sich permanent selbst bestätigen.

Nur: Selbst unter jenen, die Donald Trump wählen wollen, ist nur ein Teil derartig überzeugt. Rund die Hälfte derer, die in Umfragen angeben, für Trump stimmen zu wollen, geben dafür als Hauptgrund an: Hillary Clinton. Umgekehrt wollen 40 Prozent aller Clinton-Wähler sie nur Trumps wegen wählen. Das heißt aber auch: Selbst die, die zur Wahl gehen, setzen keine Hoffnung in eine zukünftige Regierung der USA.

Schon zu Beginn der Kandidatenauswahl im Frühjahr 2015 war zu ahnen, dass das ein besonderer Wahlkampf werden würde. Dass es so schlimm werden könnte, hat wohl niemand geahnt. Theoretisch könnten die Trump-Fehltritte sogar einen heilsamen Prozess der Verständigung über politische Sprache und Respekt anstoßen.

Vermutlich aber passiert das Gegenteil: Donald Trump wird die Wahl klar verlieren, die Welt inner- und außerhalb der USA wird erleichtert aufatmen – und für seine Hardcore-Anhänger wird damit das politische System jede Legitimität verloren haben. Die Früchte der Gewalt, die Trump gerade mit seiner Rhetorik sät, könnten erst nach seiner Wahlniederlage richtig reifen.

10 Aug 2016

AUTOREN

Bernd Pickert

TAGS

Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
USA
Hillary Clinton
Lesestück Recherche und Reportage
US-Wahl 2024
Schwerpunkt TTIP
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Donald Trump
USA
Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump

ARTIKEL ZUM THEMA

US-Wahlkampf mit Donald Trump: Ein Gefühl wie am Pokertisch

„Ich weiß“, sagt Dave Swanger, „ein Milliardär in der Ecke der kleinen Leute, das klingt komisch.“ Trotzdem setzt der Bauarbeiter diesmal auf Trump.

Wirtschaftsplan von Hillary Clinton: Familienfreundlich und gegen TPP

Donald Trump verspricht Steuergeschenke – Clintons milliardenhohes Programm ist ambitionierter. Sie will Familien, Infrastruktur, Jobs und Erneuerbare fördern.

Debatte US-Wahlkampf: Trumps persönlicher Weltkrieg

Der Trumpismus spaltet nicht nur die republikanische Partei. Auch die europäische Außenpolitik hat Anlass zur Sorge.

US-Präsidentschaftswahlkampf: Sie haben ein Auge auf Trump

Erst äußerte er sich zweideutig zu Waffenbesitz und Hillary Clinton. Nun hat Donald Trump auch die Aufmerksamkeit des Secret Service.

Donald Trump im US-Wahlkampf: Aufruf zur Gewalt gegen Clinton?

Eine Äußerung des republikanischen Kandidaten interpretieren viele als Aufruf zu einem Attentat gegen Hillary Clinton. Trump sagt, er habe es nicht so gemeint.

50 Experten kritisieren Donald Trump: Keine Werte, keine Ahnung, kein Plan

Berater früherer US-Regierungen kritisieren Trump scharf. Ein unabhängiger Kandidat aus dem konservativen Lager will ihm indes Konkurrenz machen.

Donald Trump im Wahlkampf: Er möchte gerne wie Reagan sein

Bei einer wirtschaftspolitischen Grundsatzrede verspricht Trump vieles – wie seine Steuersenkungen bezahlt werden sollen, sagt er nicht.

Wahlkampf der US-Republikaner: Trump geht auf Parteikollegen zu

Es läuft gerade alles andere als rund für Donald Trump. Jetzt lenkt der Kandidat zumindest im Streit mit mächtigen Männern seiner eigenen Partei ein.

Republikaner kritisieren Donald Trump: Mundwinkel auf Talfahrt

Die Unterstützung für den Provokateur nimmt ab, selbst sein Vize geht auf Distanz. Eine Umfrage sieht Trump inzwischen 10 Prozentpunkte hinter Clinton.