taz.de -- Kommentar Deutsche Abfallgesetzgebung: Das wird noch ungemütlich

Ob Mehrwegquote, Biomüll oder Kreislaufwirtschaft: Deutschlands Abfallpolitik ist rückständig. Fortschritt in Brüssel wird sogar verhindert.
Bild: Hier scheint die Welt noch in Ordnung: Alles schön grün und einen Mülleimer gibt es auch

In der Abfallpolitik ruht sich die Bundesrepublik seit Jahren auf dem Einfallsreichtum und den Anstrengungen der Vergangenheit aus. Während alle Welt über Energiewende und Klimaschutz diskutiert, vergammelt die Müllgesetzgebung am Wegesrand. Daran hat sich nichts geändert, seit die Energiepolitik aus dem Umweltressort ausgegliedert wurde.

Ob in Deutschland künftig weniger Plastiktüten in Umlauf kommen, überlässt die Bundesregierung mittels einer wachsweichen Selbstverpflichtung den Handelsunternehmen. Gegen den seit Jahren sinkenden Anteil von Mehrwegflaschen bei Getränkeverpackungen tut sie gar nichts; die Recyclingraten beim Kunststoff stagnieren, immer noch wird zu viel Müll verbrannt. Staatsversagen auch im Bereich von Biomüll: Der soll schon seit Anfang 2015 getrennt gesammelt werden. Doch viele Kommunen setzen das Gesetz nicht um – es passiert ihnen ja auch nichts.

Verfangen hat sich der Gesetzgeber im Endlos-Streit darüber, wer am Geschäft mit dem Abfall verdienen darf: die Kommunen oder Privatunternehmen. Offenbar haben die Beteiligten zu wenig Ressourcen frei, um zu überlegen, mit welchen innovativen Mitteln Abfall vermieden und Stoffe in Kreisläufe geführt werden können – von wem auch immer. Ganz peinlich wird es, wenn die Bundesregierung auch in Brüssel den Fortschritt verhindert – und das auch noch mit dem selbstgefälligen Duktus des Öko-Oberlehrers.

In der Tagespolitik ist die Überzeugung, dass wir künftig in Zeiten knapper Ressourcen leben werden, noch nicht ernsthaft angekommen. Ist ja bislang auch nicht sinnlich erfahrbar geworden: Der Markt für Öl oder Industriemetalle? Nach kurzer Krisenzeit wieder ganz entspannt. Holz, Mais, Stroh? Wächst doch!

Doch das Ruhekissen der Umweltpolitik lagert auf industriellem Wachstum, steigender Weltbevölkerung und Klimawandel. Besonders gemütlich wird das nicht.

8 Jul 2016

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Heike Holdinghausen

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