taz.de -- Fastenbrechen in Ba-Wü: Alkohol trübt die Stimmung
Deutsch-türkische Medien sprechen von einem „Eklat“ um Ministerpräsident Kretschmann. Der soll beim Fastenbrechen Alkohol ausgeschenkt haben.
Berlin taz | Es ist in der letzten Zeit in Mode gekommen, dass Politiker im muslimischen Fastenmonat Ramadan an Iftar-Essen teilnehmen oder zu diesen einladen. Im vergangenen Jahr lud Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erstmals dazu ein, Mitte Juni nahm Joachim Gauck als erster Bundespräsident an einem öffentlichen Fastenbrechen im zentralen Berliner Stadtbezirk Moabit teil.
Am vergangenen Dienstag lud auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) zu einem Ramadan-Empfang ins Neue Schloss in Stuttgart. „Wer immer noch behauptet, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, der hat die Lebensrealität in Baden-Württemberg nicht zur Kenntnis genommen“, sagte er dort und verwies auf die türkischstämmige Landtagspräsidentin, seine Parteifreundin Muhterem Aras.
Doch wenn man deutsch-türkischen Onlinemedien glaubt, kam es dabei zu einem „Eklat“. Für Kritik sorgt dort seit diesem Wochenende nicht nur, dass Kretschmann beim Essen – wie in der Vergangenheit schon – auch alkoholische Getränke ausschenken ließ. Während des Fastenmonats Ramadan nehmen Gläubige erst nach Einbruch der Dunkelheit Speisen und Getränke zu sich; Alkohol trinken sie aber grundsätzlich nicht.
Noch stärker stößt manchen dort wohl aber auf, dass Kretschmann die Gelegenheit nutzte, um Kritik an der Türkei und deren Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zu üben. Diverse deutsch-türkische Verbandsvertreter und türkische Diplomaten verließen nach seiner Rede und noch vor dem Essen die Veranstaltung.
Offiziell heißt es, sie seien gegangen, weil sie die Nachricht von dem Terroranschlag am Flughafen in Istanbul erreicht hatte. Onlinemedien wie [1][Turkish Press] und [2][Deutsche Wirtschafts Nachrichten] schreiben nun aber, dies sei aus Protest geschehen.
Denn Kretschmann hatte auch kritisiert, dass von der türkischen Religionsbehörde gesendete Imame in vielen Moscheen seines Landes predigten. Geistliche könnten nicht dauerhaft aus dem Ausland finanziert werden, befand er. Der Ministerpräsident will sich bald auch mit Religionsvertretern treffen.
Der Fastenmonat Ramadan endet in diesem Jahr am Dienstag und Mittwoch mit dem Fest des Fastenbrechens („Id al-Fitr“), das unter türkischen Muslimen auch traditionell als Zuckerfest bezeichnet wird.
3 Jul 2016
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