taz.de -- Machtkampf in Venezuela: Alte Frage, neue Tricks
Venezuelas sozialistischer Präsident Maduro gibt seinen Widerstand gegen ein Abwahlreferendum auf. Der Zeitpunkt der Volksabstimmung bleibt aber strittig.
Caracas/São Paulo rtr/epd | Der venezolanische Präsident Nicolas Maduro will sich frühestens in kommenden Jahr einem Referendum über seine politische Zukunft stellen. Dafür müssten aber die nötigen Bedingungen erfüllt sein, sagte Maduro am Samstag im staatlichen Fernsehen.
„Wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, dann wird es keine Abstimmung geben, und das ist es dann.“ Wenn die Opposition die vom Gesetz vorgegebenen Erfordernisse erfülle, müsse „das Land die Entscheidung annehmen“, sagte Maduro am Samstag laut der Zeitung El Nuevo Herald in Caracas.
Die Opposition hat insgesamt 1,8 Millionen Unterschriften für ein Referendum zur Amtsenthebung von Maduro gesammelt und damit eine wichtige Hürde genommen. Die Bevölkerung soll darüber abstimmen, ob Maduro weiter im Amt bleibt.
Derzeit prüft die Wahlbehörde die Rechtmäßigkeit der Unterschriften. Die Opposition legte nach eigenen Angaben sechs Mal mehr Unterschriften vor, als für den Prozess notwendig. Genehmigt das Wahlamt den Antrag, müssen die Regierungsgegner dann vier Millionen Unterschriften – das entspricht etwa 20 Prozent der Wahlberechtigten – sammeln. Damit wäre der Weg zum Referendum frei.
Maduro sagte, bei Erfüllung aller Voraussetzungen könnte das Referendum im kommenden Jahr stattfinden. Er habe „den Glauben, das Vertrauen und die Sicherheit“, dass er zusammen mit dem „Volk auf der Straße“ gewinnen werde, sagte das Staatsoberhaupt. Er bezweifelte allerdings die Gültigkeit eines Großteils der Unterschriften.
Der Zeitpunkt einer Abstimmung ist entscheidend darüber, ob es zu einem Machtwechsel vor Ablauf der Wahlperiode 2019 kommt. Sollte das Referendum noch in diesem Jahr abgehalten werden, wären bei einer Niederlage des Sozialisten Neuwahlen nötig. Bei einer Abstimmung im kommenden Jahr könnte dagegen sein Stellvertreter die Amtsgeschäfte übernehmen.
Maduro steht angesichts der massiven Wirtschaftskrise in seinem Land unter Druck. Venezuela bekommt den Verfall des Ölpreises zu spüren. Das Land ist in eine tiefe Rezession abgeglitten. Die Bevölkerung leidet unter Lebensmittelknappheit und einer extremen Inflation. Immer wieder kommt es zu Protesten.
12 Jun 2016
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Wohl aus Angst vor einer Niederlage verschiebt die sozialistische Regierung die Regionalwahlen. Die Opposition spricht von Verfassungsbruch.
Tausende fordern eine rasche Abstimmung über Präsident Maduro. Die Nahrungsmittelknappheit bleibt bestehen. Im Zoo von Caracas schlachteten Unbekannte ein Pferd.
In dem Land mit den riesigen Ölreserven fehlt es am Nötigsten. Im Nachbarland kaufen die Venezolaner Essen, Medizin und Dinge des täglichen Bedarfs.
Venezuela war einmal ein Versprechen auf ein besseres Leben für alle. Heute hungern die Menschen. Ist die Revolution von Hugo Chávez am Ende?
Im Land wächst das Elend – und damit auch der Unmut in der Bevölkerung. Die Opposition will den Präsidenten aus dem Amt drängen.
Präsident Maduro hat viel von der Macht von Hugo Chávez übernommen. Aber auch die Misswirtschaft und ein korruptes System.
Erst mangelte es an Bier, jetzt an Coca-Cola und sogar Sauerstoff: Die Versorgungskrise in Venezuela nimmt dramatische Ausmaße an. Wird das Militär eingreifen?
Im Machtkampf mit der Opposition erringt Nicolás Maduro einen Etappensieg. Damit dürfen Soldaten Lebensmittel verteilen oder verkaufen.