taz.de -- EMtaz: Gruppe A Albanien – Schweiz: Matterhornüberlegene Schweizer

Schweizer mit vielen Albanern gewinnen gegen Albaner mit vielen Schweizern 1:0 – und das in jeder Hinsicht verdient.
Bild: Man beachte die Überlegenheit: Fabian Schär (ganz rechts) nickt den Ball zum 1:0 ein

Die Startbedingungen: Waren ganz klar. Die Schweiz, vom Spielermaterial her nicht gerade die Idealformation der SVP (Schweizerische Volkspartei), weil die meisten irgendwie nicht so aussehen wie Geißbockpeter oder andere Alm-Öhis, würden mit Shaqiri und anderen ex-albanischen Wurzelsepps es mühsam haben gegen die erstmals EM-qualifizierten Albaner, bei denen viele Schweizer spielen.

Das Vorurteil: Es wird garantiert eine inneralbanische Angelegenheit in Lens, Kerngebiet früheren Proletenstolzes in Frankreich – in einem im übrigen sehr schönen Stadion.

Das Spiel: In den ersten gefühlt 93 Sekunden ausgeglichen, ehe die Schweiz das Dirigat der folgenden Spielzeit übernahm. Albanien wusste mit dem Druck ihrer Gegner nicht umzugehen. Irgendwie wirkte die eidgenössische Équipe durchweg baumlang, die albanische Mannschaft wenngleich robust – doch zwergig. Das Kombinationsspiel, also die sinnvolle Aneinanderreihung von Spielzügen mit und ohne Ball, hatte die Schweiz stärker drauf als ihre sympathischen Gegner, die allem härterem Körpereinsatz zum Trotz nicht wie Blutgrätscher agierten. Ergebnis: Schweiz 1, Albanien 0.

Der entscheidende Moment: In der fünften Minuten segelte der Ball vor dem Tor von Albaniens Etrit Berisha (bei Lazio Rom unter Vertrag) auf den Schweizer Fabian Schär (in der Bundesliga tätig bei Hoffenheim). Letzterer hielt seinen Kopf hin, traf den Ball – über den stakig-falsch hochsteigenden Albanien-Keeper hinweg: 1:0. In jeder Hinsicht verdient.

Der Spieler des Spiels. Fabian Schär. Sein Kopfstupser raubte der albanischen Elf jede Zuversicht.

Die Pfeife des Spiels: Lorik Cana, Kapitän Albaniens, wurde nach einem Handspiel vor dem eigenen Strafraum vom Platz geschickt – er hatte eine sichere Chance (37.) der Schweiz übelst illegal vereitelt. Schiri Carlo Velasco Carballo hatte das im Blick: zweite gelbe Karte, also musste der albanische Leader raus. Nun zehn gegen elf – da reichen selbst aufgepumpte albanische Fußballmännerkörper nicht.

Held: Schweiz’ Tormann Yann Sommer (Borussia Mönchengladbach). War die eidgenössische Verteidigung mal wieder viel zu marmeladig unterwegs, rettete durch etwa elf letztzehntelsekündliche Paraden die drei Punkte seiner Mannschaft.

Das Urteil: All das Gerede vorm Spiel von wegen: Viele Albaner gegen andere Albaner – alles Dünnsinn. Das freundlichste, das sich über Albanien sagen ließe, ist: Sie sind zurecht bei dieser EM, sie sind keine Garnitur an reich gedecktem Tisch, können Fußball spielen – dies allerdings nicht gut genug. Die Schweiz bei ihrer vierten EM-Teilnahme hatte ihre Kontrahenten im Griff. Ob das gegen Frankreich reicht, ist fraglich. Ein Sieg gegen Rumänien könnte jedoch reichen, um das Achtelfinale zu schaffen. Okaye Samstagsnachmittagsunterhaltung!

11 Jun 2016

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Jan Feddersen

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