taz.de -- Debatte Die Welt der AfD: Parallelen zum Salafismus

Die AfD stützt sich auf verbreitete Ressentiments. Doch in Stuttgart könnte die Partei mit ihrer Islamfeindlichkeit zu weit gehen.
Bild: Die AfD sagt, das Grundgesetz markiere die Grenze, die nicht überschritten werden darf. An diesem Wochenende könnte diese Grenze überschritten werden

Der politische Islam, hat AfD-Vizechefin Beatrix von Storch jüngst gesagt, sei heute die größte Bedrohung für die Demokratie. Dabei haben die Salafisten, die derzeit am schnellsten wachsende islamistische Bewegung hierzulande, und von Storchs rechtspopulistische Partei, die auch regen Zulauf hat, mehr gemeinsam, als sie wahrhaben wollen. Die auffälligste Parallele: ihr Bild vom Islam.

Beide, Rechtspopulisten und Salafisten, haben ein starre, unbewegliche und zudem unhistorische Vorstellung von der islamischen Religion. Beide zeichnen ein homogenes Bild von den Muslimen, die in Wirklichkeit ganz unterschiedlich denken, glauben und leben. Und beide halten den Islam per se für unvereinbar mit der Demokratie.

Sie sehen Schwarz und Weiß. Grau gibt es selten. Von Storch und Teile ihrer Partei sagen sogar: Der Islam ist verfassungsfeindlich. Da für Salafisten das von Menschen gemachte Grundgesetz grundsätzlich keine Bezugsgröße ist, muss hier Schluss sein mit der Parallele.

In der AfD heißt es dagegen immer wieder, das Grundgesetz markiere die Grenze, die nicht überschritten werden darf. Tatsächlich bewegen sich AfD-Mitglieder immer wieder haarscharf an dieser Grenze, mit punktuellen Übertritten. An diesem Wochenende könnte die Grenze überschritten werden – nicht nur durch Äußerungen Einzelner, sondern als verbindlicher Mehrheitsbeschluss der Parteibasis, die in Stuttgart zum Bundesparteitag zusammenkommt. Das wäre eine neue Qualität, die für die AfD zum Problem werden könnte.

Die Stimmung der Bevölkerung

Im Entwurf zum Grundsatzprogramm steht, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, das ist Konsens in der Partei. Zudem soll den Muslimen vieles verboten werden: Minarette, Muezzinrufe und Vollverschleierung; Kopftücher nicht nur für Lehrerinnen und Dozentinnen, sondern auch für Schülerinnen und Studentinnen; die Finanzierung von Moscheen aus dem Ausland.

Mit solchen Forderungen greift die AfD die Stimmung in einem Teil der Bevölkerung auf, in der sich Islamfeindlichkeit in den vergangenen Jahren – dank des undifferenzierten Muslimbashings von AutorInnen wie Necla Kelek und Thilo Sarrazin einerseits und realer Bedrohungen wie dem islamistischen Terrorismus andererseits – erschreckend breitgemacht hat. So meint inzwischen ein Viertel der Bevölkerung, dass der Islam nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

Mehr als 40 Prozent sind der Ansicht, dass die meisten Muslime bei uns die Werte des Grundgesetzes nicht akzeptieren. Und fast die Hälfte glaubt, dass der Islam zu viel Einfluss auf unsere Gesellschaft habe. Der AfD verspricht das weiteren Zulauf.

Anfällig sind auch Linke

Es sind allerdings nicht nur Rechte, die so über Muslime denken. Dass auch Linke und Linksliberale zunehmend anfällig für Islamfeindlichkeit sind, hat der Konfliktforscher Wilhelm Heitmeyer schon vor geraumer Zeit festgestellt – bereits vor den Anschlägen in Paris und Flüchtlingszahlen, die manchen Angst machen.

Viele in der AfD aber fordern jetzt einen noch härteren Kurs. Sie wollen die Beschneidung von Jungen und das Schächten von Tieren verbieten. Das würde nicht nur Muslime treffen, sondern auch Juden – und könnte als antisemitisch gedeutet werden. Und: Sie wollen den Islam als solchen für verfassungsfeindlich erklären und deshalb den Bau und Betrieb von Moscheen generell verbieten. So steht es in Änderunganträgen zum Programmentwurf, für die derzeit Mehrheiten gesucht werden.

Dabei wird ein Teil der Bevölkerung, der sonst für islamfeindliche Parolen anfällig ist, vielleicht doch nicht mehr mitgehen. Denn das wäre ein schwerer Angriff auf die grundgesetzlich verbriefte Religionsfreiheit – und damit selbst verfassungsfeindlich.

Womit wir wieder bei den Parallelen zum Salafismus wären.

29 Apr 2016

AUTOREN

Sabine am Orde

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