taz.de -- Geplante Regierung in Sachsen-Anhalt: Viel Grün in der Kenia-Koalition

Der Koalitionsvertrag steht, doch die Parteien müssen noch zustimmen. Bei der CDU aber gibt es Unmut, weil die Grünen viel durchgesetzt haben.
Bild: Jubel über die Kenia-Koalition sieht anders aus: Burkhard Lischka (SPD), Reiner Haseloff (CDU) und Claudia Dalbert (Grüne)

An Einigungsmeldungen über eine Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt fehlt es nicht. Doch bis Mittwochnachmittag lag der Koalitionsvertrag zwischen CDU, SPD und Bündnisgrünen immer noch nicht im Wortlaut vor. Am Wochenende sollen Landesparteitage über das etwa hundertseitige Konvolut abstimmen. Nach und nach sickern aber Einzelheiten des ersten schwarz-rot-grün gefärbten Vertrages durch.

Bei Punkten, die alle drei Partner auf ihrer Agenda hatten, gab es eine schnelle Einigung. 2020 soll die Zahl der Polizisten von 6.000 auf 6.400 steigen. Auf Betreiben der Grünen müssen sich Polizisten künftig kennzeichnen. Auch die Zahl der Lehrer soll um 500 auf 14.500 anwachsen. Erhöhen soll sich ebenfalls die Finanzausgleichsmasse für die Kommunen. Auf Drängen der SPD wird es ein kommunales Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose geben.

Sehr vage bleiben voraussichtlich die angestrebten Novellierungen des Kinderfördergesetzes. Elternvertretungen kritisierten bereits, dass keine Obergrenze für die zuletzt teilweise ausufernden Beiträge zur Kinderbetreuung festgeschrieben wird.

Dafür hat es die von Ministerpräsident Reiner Haseloff auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszustroms geforderte Obergrenze von 12.000 Asylbewerbern indirekt in den Koalitionsvertrag geschafft. SPD und Grüne akzeptieren nunmehr, „dass die CDU angesichts der nicht unbegrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen … von objektiven Integrationsobergrenzen spricht …“ Deutschland wird aber im Koalitionsvertrag als Einwanderungsland bezeichnet und für Sachsen-Anhalt ein Integrations- und Teilhabegesetz vereinbart.

Die Union kann ihre Anhänger mit einer Erhöhung der Straßenbaumittel um 30 Millionen zufrieden stellen. Die Nordverlängerung der A14 wird weiter gebaut. Hier haben die Grünen ein Zugeständnis gemacht, sich ansonsten aber als 5-Prozent-Partei erstaunlicherweise durchgesetzt. Die Absage an neue Braunkohle-Tagebaue und den Bau neuer Kohlekraftwerke war schon bei den Sondierungen vereinbart worden. Die Elbe wird nicht weiter ausgebaut, das Land bekommt einen Radverkehrskoordinator. Vor allem übernimmt ihre bisherige Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin Claudia Dalbert das erweiterte und damit einflussreiche Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Energie und Verbraucherschutz.

Diese grüne Dominanz in einem Schlüsselministerium brachte vorige Woche bereits Landwirte und Förster auf die Straße. Sachsen-Anhalt ist stärker agrarisch geprägt als andere Bundesländer. Teile der CDU unterstützen solche Proteste und stehen auch dem Kenia-Projekt distanziert gegenüber. Alternativ wäre eine Alleinregierung mit wechselnden Mehrheiten. Daher wird spannend, wie viel Rückendeckung der designierte Ministerpräsident bei seiner eigenen Partei bekommt. Die Koalition verfügt nur über eine Mehrheit von drei Stimmen.

20 Apr 2016

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Michael Bartsch

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