taz.de -- Mehr als 60 Jungen und Männer erstickt: Amnesty vermutet Kriegsverbrechen

Amnesty International wirft südsudanesischen Regierungstruppen den Mord an mehr als 60 Jungen und Männern in einem Schiffscontainer vor.
Bild: Mehr als 60 Männer und Jungen sollen laut Amnesty International im Südsudan getötet worden sein.

Nairobi afp | Amnesty International hat die südsudanesischen Regierungstruppen am Freitag eines Kriegsverbrechens bezichtigt, durch das mehr als 60 Jungen und Männer in einen Schiffscontainer erstickt sein sollen. In dem am Freitag veröffentlichten Amnesty-Bericht wird das Verbrechen vom Oktober 2015 erstmals genau beschrieben. Die Menschenrechtsorganisation fordert darin eindringlich, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Erwähnung fand die Gräueltat erstmals im Februar in einem Bericht der Gemeinsamen Monitoring- und Evaluierungskommission (JMEC), die die Friedensbemühungen zur Beilegung des Bürgerkriegs im Südsudan fördern soll. Amnesty befragte daraufhin 23 Augenzeugen. Sie beschrieben, wie die Jungen und Männer mit gefesselten Händen in den Container auf dem Gelände einer Kirche in der zentralen Stadt Leer gezwungen wurden.

Zeugen schilderten, „dass sie die Eingepferchten schreien und weinen und gegen die Wand schlagen hörten“, heißt es im Bericht. Die Temperaturen steigen in der Region oft auf mehr als 40 Grad. Ein Zeuge berichtete laut Amnesty, Soldaten hätten einige Leichen aus dem fensterlosen Container geholt, und ihn dann wieder verschlossen.

Einziger Überlebender war dem Bericht zufolge ein Achtjähriger. Laut Angehörigen waren die Opfer Bauern und Hirten und keine Kämpfer. Sterbliche Überreste fanden Amnesty-Mitarbeiter später auf einem Feld verstreut – darunter zahlreiche Skelette, die gebrochene Knochen aufwiesen.

Der Südsudan erlangte vor fünf Jahren seine Unabhängigkeit vom Sudan. Nur zwei Jahre später begann ein Bürgerkrieg, der den jungen Staat in einen Strudel ethnisch motivierter Gewalt zieht. Regierungstruppen und ihren Gegnern werden Massaker, Vertreibungen, Vergewaltigungen und die Rekrutierung von Kindern vorgeworfen.

11 Mar 2016

TAGS

Südsudan
Kriegsverbrechen
Amnesty International
Militär
Sudan
Südsudan
Somalia

ARTIKEL ZUM THEMA

Medien in Südsudan und Sudan: Journalismus säen in der Chaosregion

Eine Berliner NGO hat in Sudan und Südsudan ein JournalistInnen-Netzwerk aufgebaut, das insbesondere Frauen in den Beruf geholfen hat.

Friedensvorstoß im Südsudan: Zurück auf Null

Präsident Salva Kiir macht seinen wichtigsten Gegner Riek Machar zum Vizepräsidenten. Aber der neue Vize kann nicht ins Land zurück.

Südsudan und Somalia: UN warnen vor Hungerkatastrophe

Ein Viertel der Menschen im Südsudan ist von Hunger bedroht. In Somalia gelten mehr als 300.000 Kinder als gefährlich unterernährt.