taz.de -- Kriminalität auf Berlins Partymeile: Toter am RAW-Gelände

Ein junger Mann bricht verletzt vor einem Imbiss zusammen und stirbt. Die Bezirksbürgermeisterin fordert nun „sichtbare Polizeipräsenz“.
Bild: Meistens ist hier noch viel mehr los: Besucher auf dem RAW-Gelände.

In unmittelbarer Nähe des RAW-Geländes in Friedrichshain ist ein junger Mann getötet worden. Das bisher nicht identifizierte Opfer brach in der Nacht zu Samstag vor einem Imbiss an der Ecke Revaler/Warschauer Straße zusammen, teilte die Polizei am Sonntag mit. Demnach handelt es sich bei dem Toten um „einen Schwarzen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, schlank, mittelgroß, der tödliche Verletzungen am Oberkörper erlitt“, wie die Obduktion bestätigt habe. Berichte in Boulevardblättern, wonach es sich um einen Drogendealer handele, wies die Polizei als Mutmaßungen zurück. „Wir wissen nicht, wer er ist und woher er kommt“, sagte ein Sprecher der taz.

Das RAW-Gelände entlang der S-Bahn – auch Technostrich genannt – ist äußerst beliebt bei Partygängern und Touristen. In den vergangenen zwei Jahre ist dort eine deutliche Zunahme der Kriminalität zu verzeichnen, wie Innensenator Frank Henkel (CDU) erst am Freitag bei der Vorstellung der aktuellen Polizeistatistik betonte. Es handle sich vor allem um Drogendelikte und Taschendiebstähle. Die vornehmlich aus den nordafrikanischen Staaten und dem arabischen Raum stammenden Täter würden sich ihren Opfern oftmals nähern, indem sie sie umringten oder „antanzten“.

Auch Gewalttaten wurden verstärkt registriert: Im vergangenen August hatten zwei Männer die Frontfrau der Rockgruppe Jennifer Rostock auf dem RAW-Gelände angegriffen. Einer der beiden verletzte den Begleiter der Sängerin mit einem Messer am Hals. Im Oktober wurde unweit des früheren Reichsbahn-Ausbesserungswerks ein Mann mit einer schweren Schnittwunde gefunden.

Im aktuellen Fall werde in alle Richtungen ermittelt, sagte der Polizeisprecher weiter. Man hoffe vor allem auf Aussagen von Zeugen; mehrere hätten sich bereits gemeldet. Über ihre Aussage konnte der Sprecher am Sonntag nichts sagen.

Bezirkspolitiker warfen Innensenator Henkel am Wochenende vor, falsche Prioritäten zu setzen: „Statt seit Wochen seine Einsatzkräfte durch den Samariterkiez zu schicken, brauchen wir eine mobile Wache am RAW-Gelände“, erklärte Julia Schimeta, SPD-Kreisvorsitzende von Friedrichshain-Kreuzberg. Sie kritisierte auch den grün regierten Bezirk: Der sei „völlig überfordert“.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) äußerte die Hoffnung, dass der Innensenator nach dem Tod des jungen Mannes endlich die Sicherheitsprobleme auf dem RAW-Gelände und im benachbarten Ausgehviertel angehe und die Polizeistrategie ändere. „Wir brauchen eine sichtbare, dauerhafte Polizeipräsenz“, forderte sie im Gespräch mit der taz.

Seit zwei Jahren rede sie – auch mit Henkel – darüber; passiert sei dennoch bisher nichts. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass der Bezirk von Henkel absichtlich ignoriert wird: Sind wir die Spielwiese des Senators?“, so Herrmann. Hintergrund könnten persönliche Aversionen sein. Die Bürgermeisterin weiter: „Henkel kann ja den starken Max machen; aber ich will, dass sich etwas ändert.“

Auch sie befürwortet eine mobile Wache, konkret zwei Polizeiwagen auf dem RAW-Gelände. Die Taktik der Polizei, mit gelegentlichen Razzien gegen die Banden vorzugehen, sei nicht effektiv. Hintergrund für die gestiegene Kriminalität sei, dass Berlin wachse und die Touristenzahlen steigen. „Auch die Polizei muss auf das Wachstum der Stadt reagieren“, forderte Herrmann. Ausdrücklich nahm sie die Clubs auf dem RAW-Gelände vor Kritik in Schutz: Diese bemühten sich um die Sicherheit ihrer Gäste.

28 Feb 2016

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Bert Schulz

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