taz.de -- Kommentar Syrien-Friedensgespräche: Es riecht nach Propaganda
Alle Akteure begehen in Syrien Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Das Oppositionsbündnis HNC muss mitverhandeln.
Nichts wäre dringender im Syrienkonflikt als die sofortige und bedingungslose Einstellung aller Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Angriffe auf Zivilisten und zivile Objekte, die Belagerung von Städten und Dörfern und die Behinderung humanitärer Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung müssen aufhören. Die Erfüllung dieser Forderung ist zudem eine unerlässliche Voraussetzung für erfolgreiche Gespräche über eine politische Nachkriegsordnung in Syrien.
Doch es riecht nach Propaganda, und es nützt überhaupt nichts, wenn das größte syrische Oppositionsbündnis HNC diese Forderung nur einseitig an die syrische Regierung stellt und ihre Erfüllung gar zur Vorbedingung macht für die eigene Teilnahme an den Genfer Verhandlungen.
Deutsche Politiker, SyrienexpertInnen und Journalisten, die diese Haltung des HNC in den letzten Tagen für legitim und notwendig erklärt haben, tragen damit zum Scheitern der Genfer Konferenz bei und zur Verlängerung des blutigen Bürgerkriegs. Wie die UNO beweiskräftig dokumentiert hat, begehen alle Kriegsakteure auf dem syrischen Schlachtfeld die oben genannten Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht.
Wobei – auch das ist bestens belegt – über 90 Prozent der unter mangelnder humanitärer Versorgung leidenden Zivilbevölkerung derzeit in Städten und Regionen leben, die von syrischen Regierungstruppen oder mit ihnen verbündeten Milizen belagert werden.
Richtig ist auch, dass bislang nur syrische und russische Luftstreitkräfte Zivilisten und zivile Objekte bombardieren, weil die anderen Kriegsakteure (noch) nicht über Kampfflugzeuge und Hubschrauber verfügen. Doch eine Verbesserung der humanitären Lage in Syrien wird es nur als Ergebnis von Verhandlungen geben. Das zeigen alle Erfahrungen aus früheren, ähnlichen Konflikten.
Daher sollte das Oppositionsbündnis HNC so schnell wie möglich an den Genfer Verhandlungen teilnehmen.
31 Jan 2016
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