taz.de -- Asylrechtsverschärfung in Dänemark: „Bleibt uns bloß vom Leibe“

Die Botschaft ist klar: Das Parlament in Kopenhagen votiert für eine krasse Verschärfung des Asylrechts. Der Zuzug soll gestoppt werden.
Bild: Freundliches Gesicht? Dänemarks Immigartionsministerin Inger Stojberg bei der Debatte im Parlament.

Stockholm taz | „Die Frage ist nicht ob, sondern wann der Internationale Gerichtshof für Menschenrechte Dänemark verurteilt“, prophezeit Jonas Christoffersen, Direktor des dänischen Instituts für Menschenrechte. „L87“, das Gesetzespaket, worauf diese Kritik zielte, wurde am Dienstagnachmittag im Folketing in Kopenhagen mit Dreiviertelmehrheit angenommen.

Im Paket aus 34 Einzelmaßnahmen zur Asylrechtsverschärfung war es vor allem der „Smykkeforslag“, der auch international Aufmerksamkeit geweckt hatte. Zur Mitfinanzierung ihres Aufenthalts sollten bei Asylsuchenden Geldbeträge über 400 Euro sowie „Wertgegenstände“, so weit diese „nicht unerheblich“ seien, beschlagnahmt werden, hieß es in einem ersten Entwurf. Zur Kontrolle sollten Leibesvisitationen zulässig sein.

Nachdem vor allem Medien in den USA und Großbritannien Vergleiche gezogen hatten, wie Juden auf dem Weg ins KZ Geld und Schmuck abgenommen wurde, revidierte die Regierung den Entwurf. Jetzt ist von Schmuck nicht mehr die Rede, die Bargeldgrenze wurde auf umgerechnet 1.350 Euro erhöht. Das entspricht in etwa den Vorschriften für dänische Sozialhilfebezieher.

Neben Kürzungen von finanziellen Leistungen, einer Beschneidung der öffentlichen Rechtshilfe für Asylprozesse und der Möglichkeit, Personen mit „ungeklärter Identität“ ohne Haftprüfung längerfristig in Gewahrsam zu nehmen, sorgen vor allem die neuen Regeln zur Familienzusammenführung für Kritik.

Die meisten Asylberechtigten werden statt bislang einjähriger nun erst nach dreijähriger Wartezeit ein Recht auf Familienzusammenführung erhalten und Kinder oder Ehegatten nachholen können. Rechnet man die Zeit bis zur Asylanerkennung dazu, ab der diese Frist läuft, werden sich Wartezeiten von durchschnittlich 5 Jahren ergeben. Schon die Einjahresregelung sei problematisch gewesen, sagt Gunnar Homann von der Anwaltsvereinigung. Familien aber sogar fünf Jahre auseinanderzureißen, sei als Verstoß gegen den Familienschutz der Menschenrechtscharta zu werten.

Die ist in Dänemark geltendes Recht, weshalb sogar Regierungsjuristen vor einer drohenden Verurteilung in Straßburg warnen. Auch Migrationsministerin Inger Støjberg gesteht ein „gewisses Prozessrisiko“ ein. Doch bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs für Menschenrechte würden 2 bis 3 Jahre vergehen. Kopenhagen nehme bewusst in Kauf, sich konventionswidrig zu verhalten, kritisiert die Familienrechtsjuristin Jytte Lindgård: In der Zwischenzeit nutze man ganz einfach den „Abschreckungseffekt“.

26 Jan 2016

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Wolff

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