taz.de -- Umweltkatastrophe in Brasilien: Schlammlawine erreicht das Meer
20.000 olympische Schwimmbecken voll Giftschlamm wälzen sich dem Meer entgegen. Menschen sterben, Lebensräume sind zerstört. Die Regierung will klagen.
Mariana dpa/epd | Rund drei Wochen nach einem Dammbruch in einem Eisenerz-Bergwerk im Südosten Brasiliens sind etwa neun Tonnen verendete Fische aus dem Fluss Doce entfernt worden. Schlamm aus dem geborstenen Klärbecken der Mine habe in den Bundesstaaten Minas Gerais und Espírito Santo den Fluss erreicht, berichtete das Portal UOL am Donnerstag unter Berufung auf die Umweltbehörde.
Nach dem Dammbruch will Brasiliens Regierung von dem Bergbau-Konsortium mindestens 20 Milliarden Reais (5 Mrd. Euro) Schadenersatz fordern. Bundesgeneralanwalt Luís Inácio Adams will am Montag eine entsprechende Zivilklage erheben.
UN-Experten hatten zuvor die brasilianische Regierung und das betroffene Bergbauunternehmen, ein Joint Venture der australischen Firma BHP Billiton, aufgerufen, angesichts der Gefahr durch giftige Substanzen umgehend Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Menschen in dem Gebiet zu treffen. Durch das Bersten des Beckens seien 50 Millionen Tonnen Eisenerz-Abfälle ausgelaufen, die giftige Schwermetalle und Chemikalien enthielten, hieß es in einer Mitteilung.
„Das Ausmaß des Umweltschadens entspricht 20.000 olympischen Schwimmbecken mit Giftschlamm“, sagte UN-Experte John Knox. In einem großen Gebiet seien der Boden, die Flüsse und das Wassersystem kontaminiert worden. Bei dem Dammbruch am 5. November waren 13 Menschen ums Leben gekommen, weitere elf werden noch vermisst. Einwohner vor Ort kritisierten diese öffentlichen Zahlen als viel zu niedrig, sie gehen von 40 Toten aus. Die Schlammlawine hatte die rund 600 Einwohner zählende Ortschaft Bento Rodrigues, 250 Kilometer nördlich von Rio de Janeiro, überrollt.
Der Giftschlamm hat fast 1.000 Hektar Wald zerstört. Bei der Bekanntgabe einer ersten Schadenseinschätzung kündigte Umweltministerin Izabelle Teixeira am Mittwoch im Sender „TV Brasil“ zugleich eine Verschärfung der Umweltauflagen für Staubecken an. Die Umweltbehörde Ibama verhängte eine Geldstrafe von umgerechnet 60 Millionen Euro gegen die Bergbaufirma Samarco, die der australischen Firma BHP Billiton und dem brasilianischen Minenkonzern Vale gehört.
Zudem willigte Samarco ein, über 250 Millionen Euro für Aufräumarbeiten zur Verfügung zu stellen. Laut einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung hat ein Analytiker der Deutschen Bank in Australien die Kosten der Aufräumarbeiten allerdings auf über eine Milliarde US-Dollar (knapp 950 Millionen Euro) geschätzt.
28 Nov 2015
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Organisationen werfen der Deutschen Bank vor, in Firmen zu investieren, die Menschenrechte missachten. Jetzt wollen sie ihre Geschichte erzählen.
Die für die Giftschlammlawine verantwortlichen Firmen sollen weitere 38 Milliarden Euro Schadenersatz zahlen. Darauf werden sie nun von der Regierung verklagt.
100 Tage nach der größten Umweltkatastrophe ist der Schlamm immer noch allgegenwärtig. Die Unternehmer sollen zur Verantwortung gezogen werden.
Die Bergbauunternehmen Vale und BHP Billiton sollen insgesamt 4,8 Milliarden Euro für die Beseitigung von Umweltschäden sowie für Schadensersatz hinterlegen.
Die neuesten Wasserproben aus dem Rio Doce geben Anlass zu vorsichtiger Entwarnung: Die Prüfer konnten keine giftigen Metallstoffe nachweisen.
Ein Bergwerksdammbruch in Minas Gerais sorgte für eine Katastrophe. Dort wurden die Sicherheitsstandards im Bergbau nun noch gelockert.
Die Schlammkatastrophe könnte die verantwortlichen Unternehmen teuer zu stehen kommen. Präsidentin Dilma Roussef fand in Paris klare Worte.
Ein Bergwerksdammbruch verursacht die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte Brasiliens. Nun sind die ersten Entschädigungen fällig.
Die größten Industriestaaten der Welt treffen sich im türkischen Antalya. Inhaltlich wird es vor allem um die Probleme der Schwellenländer gehen.
Großgrundbesitzer wollen die Landrechte von Indigenen aushöhlen. Das gefährdet den sozialen Frieden in Brasilien und das Klima weltweit.