taz.de -- EU kritisiert Handelsüberschuss: Brüssel warnt Deutschland
Die EU-Kommission will aber keine Sanktionen verhängen. Die Bundesrepublik darf sich weiter auf Kosten anderer Mitgliedsländer bereichern.
BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission schont den Exportweltmeister Deutschland. Obwohl die deutsche Wirtschaft seit Jahren wachsende Exportüberschüsse meldet und damit zu den wirtschaftlichen Ungleichgewichten in der Eurozone beiträgt, will Brüssel keine Sanktionen verhängen. Die Kommission warnte nur vor Wachstumsrisiken durch zu niedrige Investitionen und zu hohe Exportabhängigkeit.
„Der Überschuss bei der Leistungsbilanz ist weiter angestiegen, unterstützt von niedrigen Ölpreisen und günstigen Wechselkursentwicklungen“, bilanzierte die Brüsseler Behörde. „Ein Abbau der Überschüsse würde die dringend nötige Verbesserung der Binnennachfrage bringen und den hoch verschuldeten Ländern helfen“, heißt es in einem am Donnerstag vorgelegten Bericht weiter.
Deutschland hat weltweit den höchsten Überschuss bei der Leistungsbilanz. Nach Angaben des Münchener ifo-Instituts stieg er 2014 um rund 30 Milliarden auf knapp 220 Milliarden Euro (285 Milliarden Dollar). Weit abgeschlagen folgten China (150 Millliarden Euro) und Saudi-Arabien (100 Milliarden Euro). In die Leistungsbilanz gehen neben Exporten und Importen auch alle anderen wirtschaftlichen Transfers mit dem Ausland ein – von Dienstleistungen bis hin zur Entwicklungshilfe.
Aus Sicht vieler Kritiker ist Deutschland daher mit schuld an den Problemen der Eurozone. Die EU-Kommission sieht das zwar auch so, drückt aber immer noch ein Auge zu. Denn Deutschland verstößt zusätzlich gegen eine neue EU-Regel, die im Zuge der Eurokrise eingeführt wurde. Demnach soll der Leistungsbilanzüberschuss nicht höher als 6 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Laut EU-Prognosen dürfte der deutsche Überschuss mit 8,7 Prozent im laufenden Jahr weit höher ausfallen.
Neben Deutschland zählen auch die Niederlande und Italien zu den chronischen „Überschusssündern“. Insgesamt wirft die EU-Kommission 18 EU-Staaten einen Verstoß gegen die Regeln vor. Im letzten Jahr waren es noch 16 Sünderlein.
26 Nov 2015
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