taz.de -- China und Taiwan: Erstes Treffen seit über 60 Jahren

Ein historischer Gipfel: Die Staatschefs beider Länder treffen sich am Samstag zum ersten Mal nach 1949. Thema sollen die gegenseitigen Beziehungen sein.
Bild: Taiwans Präsident Ma Ying-jeou (l.) und Chinas Staatschef Xi Jinping treffen sich.

Peking ap | China und Taiwan haben sich auf ein historisches Treffen geeinigt: Die Führer beider Seiten kommen am Samstag in Singapur erstmals seit dem Ende des chinesischen Bürgerkrieges 1949 zusammen, wie die Regierungen in Peking und Taipeh am Mittwoch bestätigten. Bei dem historischen Gipfel von Taiwans Präsident Ma Ying-jeou und Chinas Staatschef Xi Jinping soll über die Beziehungen zwischen den beiden Ländern diskutiert werden, wie Mas Sprecher Charles Chen sagte. Verträge sollen aber nicht unterzeichnet werden.

Der Direktor des Taiwan-Büros in Peking, Zhang Zhijun, erklärte, Ma und Xi träfen sich als „Anführer der beiden Seiten“ der Taiwan-Straße. Beide würden sich nicht mit ihren Titeln ansprechen, sondern bürgerlich als „Herr Ma“ und „Herr Xi“. Dies sei eine pragmatische Vereinbarung, mit der beide Seiten trotz ihrer Differenzen an dem gemeinsamen Prinzip festhalten wollten, dass es nur ein China gebe.

Auf dieses sogenannte Ein-China-Prinzip hatten sich China und Taiwan 1992 in inoffiziellen Gesprächen in Singapur geeinigt. Beide Seiten interpretieren diesen Konsens aber unterschiedlich und Taiwans größte Oppositionspartei DDP lehnt ihn ganz ab. Die Vereinbarung für das Gipfeltreffen vermeidet daher jetzt auch die Bezeichnung „Staaten“.

Dies ist Ausdruck von Konflikten, die noch aus dem Bürgerkrieg stammen, in dem sich Kommunisten und Nationalisten bekämpften. Dieser endete vor 66 Jahren mit dem Sieg Mao Tsetungs über die Nationalisten unter Tschiang Kai-schek. Letzterer floh auf die Insel Taiwan, erhob aber den Anspruch, weiterhin ganz China zu vertreten, also auch das Festland. Auf der anderen Seite betrachtet die Regierung in Peking ihre Volksrepublik und Taiwan als Teile eines gemeinsamen Landes, das irgendwann wiedervereinigt werden müsse, notfalls mit Gewalt.

Gegensätzliche Entwicklungen

Dessen ungeachtet haben China und Taiwan gegensätzliche Entwicklungen hinter sich. Während sich Taiwan von einer Diktatur zu einer Demokratie wandelte, besteht in China weiter eine kommunistische Einparteienherrschaft. Die politischen Führungen in Taipeh und Peking haben keinerlei offizielle Gespräche abgehalten, bis Ma 2008 taiwanesischer Präsident wurde. Er legte alte Feindseligkeiten ab, um Treffen auf niedrigeren Ebenen möglich zu machen. China und Taiwan haben mittlerweile 23 Abkommen geschlossen, die sich hauptsächlich auf Handel, Transit und Investitionen bezogen.

Mas Nationalistische Partei muss sich wachsender Kritik der oppositionellen DDP erwehren. Diese warf Ma vor, sich allzu sehr der Kommunistischen Partei Chinas anzunähern und das Treffen mit Xi geheim vorbereitet zu haben. Mas zweite und letzte Amtszeit endet im kommenden Jahr. Umfragen sehen die DDP-Kandidatin Tsai Ing-wen klar in Führung. Ma hofft nach Ansicht von Beobachtern, dem Kandidaten seiner Partei, Eric Chu, bei der Wahl Vorteile zu verschaffen.

Die USA begrüßten das geplante Treffen. Es könne Spannungen mildern und die Beziehungen verbessern, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, schränkte aber ein: „Wir müssen sehen, was bei dem Treffen tatsächlich herauskommt.“

4 Nov 2015

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