taz.de -- Gewalt im Westjordanland: Immer wieder Ort von Konflikten

In der Nähe der Stadt Nablus haben radikale Palästinenser das Josefsgrab in Brand gesetzt. Die Stätte ist sowohl für Juden als auch Muslime bedeutsam.
Bild: Die Gegend um Nablus war in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz von Auseinandersetzungen.

Nablus afp | Nach Aufrufen zu einem Tag der „Revolution“ gegen Israel haben radikale Palästinenser das Josefsgrab im Westjordanland in Brand gesetzt. Die Angreifer warfen am Freitagmorgen Molotowcocktails auf die für Juden heilige Stätte bei Nablus, wie die israelische Armee und palästinensische Sicherheitskreise mitteilten. Im Westjordanland und im Gazastreifen lieferten sich jugendliche Demonstranten erneut Auseinandersetzungen mit israelischen Sicherheitskräften. Vier Palästinenser wurden getötet, einer von ihnen nach einer Messerattacke.

Dutzende Palästinenser griffen den Angaben zufolge im Morgengrauen das Josefsgrab bei Nablus an und legten mit Brandsätzen Feuer. Durch den Brand entstand schwerer Schaden. Das Josefsgrab war in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz von Auseinandersetzungen. Viele Juden verehren den Ort, weil dort der Stammvater Josef begraben sein soll. Er ist aber auch für Muslime von Bedeutung, die glauben, dass dort ein islamischer Geistlicher bestattet ist. Die Stätte ist unter palästinensischer Kontrolle.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte den Brandanschlag als „unverantwortlich“. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die „verwerfliche“ Tat, wie sein Stellvertreter Tayé-Brook Zerihoun bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York sagte.

Die Spannungen zwischen Palästinensern und Israelis hatten seit Monatsbeginn wieder deutlich zugenommen. Sieben Israelis starben bei Angriffen von Palästinensern. Auf palästinensischer Seite gab es bis Freitagabend fast 40 Tote.

Shirt mit „Presse“-Aufdruck

Die Palästinenser hatten für Freitag zu einem Tag der „Revolution“ gegen Israel aufgerufen. An der Grenze zum Gazastreifen erschossen israelische Sicherheitskräfte zwei junge Palästinenser. Wie das Gesundheitsministerium in Gaza mitteilte, wurden bei den Zusammenstößen rund hundert weitere Demonstranten verletzt.

Im Westjordanland wurde ein Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen, der sich nach Armeeangaben als Pressefotograf ausgegeben und einen Soldaten mit einem Messer verletzt hatte. Ein Armeesprecher sagte, dass es dem Mann aufgrund seiner Kleidung gelungen sei, sich dem Soldaten zu nähern. Das Außenministerium verbreitete ein Foto von einem Mann mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Presse“ und einer gelben Warnweste.

Ein weiterer Palästinenser wurde bei gewaltsamen Auseinandersetzungen in Beit Faruk bei Nablus getötet, wie Rettungskräfte mitteilte. Demonstrationen gab es auch in Ramallah und Bethlehem. Auch in Jordanien gingen mehrere tausend Menschen auf die Straße.

Konflikt um den Tempelberg

In Jerusalem hinderte die Polizei palästinensische Männer unter 40 Jahren am Zugang zu den Freitagsgebeten in der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg, um junge Demonstranten fernzuhalten.

Der Streit um den Tempelberg, das wichtigste Heiligtum im Judentum und nach Mekka und Medina das drittwichtigste Heiligtum im Islam, gilt als einer der Auslöser der jüngsten Gewalteskalation. Der stellvertretende israelische UN-Botschafter David Roet lehnte bei der Sicherheitsratssitzung eine UN-Schutztruppe für den Ort ab: „Lassen sie mich glasklar sagen, dass Israel einer internationalen Präsenz am Tempelberg nicht zustimmen wird.“ Dies würde den „Status quo“ ändern.

Ab Sonntag soll die Jerusalemer Polizei von 300 Soldaten verstärkt werden. Zuletzt wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen 2002 während der zweiten Intifada derart viele Soldaten stationiert.

16 Oct 2015

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