taz.de -- Nach Brandanschlag auf Palästinenser: Polizei verhaftet radikale Siedler

Als Reaktion auf den Brandanschlag vor 10 Tagen macht die Polizei eine Razzia in illegalen Außenposten im Westjordanland. Mehrere Siedler werden verhaftet.
Bild: Beim Brandanschlag auf ein Haus in der Siedlung Duma am 31. Juli starben ein Kleinkind und sein Vater.

Jerusalem afp | Anderthalb Wochen nach dem tödlichen Brandanschlag auf Palästinenser im Westjordanland hat die israelische Polizei mehrere Verdächtige festgenommen. Sie wurden am Sonntag bei Razzien in wild errichteten Außenposten jüdischer Siedler gefasst, wie die Polizei mitteilte. Zugleich verhängten die Behörden gegen zwei weitere extremistische Juden sechs Monate Verwaltungshaft.

In dem palästinensischen Dorf Duma waren Ende Juli Brandanschläge auf zwei Häuser verübt worden, ein [1][Kleinkind verbrannte bei lebendigem Leibe]. Der Vater erlag am [2][Samstag seinen Verletzungen]. Auch die Mutter und ein vierjähriger Bruder erlitten schwerste Brandwunden.

Die Razzien gegen radikale jüdische Siedler begannen in der Nacht zum Sonntag und dauerten am Vormittag an. Nach übereinstimmenden Berichten in israelischen Medien wurden in der illegalen Siedlung Adei Ad, in der direkten Nachbarschaft von Duma, zwei Menschen festgenommen. In einem illegalen Außenposten der einige Kilometer weiter südlich gelegenen Siedlung Kochav Haschachar seien sieben junge Siedler-Aktivisten in Polizeigewahrsam genommen worden, hieß es.

Verteidigungsminister Mosche Jaalon verhängte am Sonntag eine sechsmonatige Verwaltungshaft gegen Meir Ettinger, einen der bekanntesten Vertreter der radikalen „Hügel-Jugend“ aus den Siedler-Außenposten. Ettinger war am vergangenen Montag auf Drängen des Inlandsgeheimdienstes festgenommen worden. Der Geheimdienst hält ihn für den Kopf einer Gruppierung, die für mehrere Anschläge auf Klöster und Kirchen verantwortlich ist. Auch wegen des Brandanschlags in Duma wird gegen ihn wegen Anstiftung ermittelt.

Der am Dienstag festgenommene jüdische Ultranationalist Eviatar Slonim kam am Sonntag ebenfalls für ein halbes Jahr in Administrativhaft, wie schon vergangene Woche ein dritter Rechtsextremist, Mordechai Meyer. Diese Maßnahme, die eine letztlich unbegrenzte Inhaftierung von Verdächtigen ohne Anklage und Verfahren ermöglicht, wird in Israel äußerst selten gegen Juden, dagegen regelmäßig gegen palästinensische Aktivisten angewendet.

9 Aug 2015

LINKS

[1] /Israelische-Siedlungen-im-Westjordanland/!5218529
[2] /Anschlag-von-juedischen-Extremisten/!5221588

TAGS

Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Razzia
Westjordanland
Israel
Palästina
Israel
Israel
Westmächte, Israel
Westjordanland
Israel
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Israelische Siedlerprodukte: Trinkt mehr Golan-Wein!

Das Antisemitismus-Argument zieht nicht. Zu kritisieren gibt es an der EU-Richtlinie zu Produkten aus von Israel besetzten Gebieten trotzdem einiges.

Kommentar Administrativhaft in Israel: Sich in die Freiheit hungern

Die Administrativhaft ist sowieso umstritten. Ihre langfristige Anwendung wie im Fall Mohammed Allaan muss unbedingt gestoppt werden.

Verwaltungshaft in Israel: Wenn Hungerstreiks zur Waffe werden

Die Militärstaatsanwaltschaft versucht Hungerstreiks gegen die Verwaltungshaft zu beenden. Im Negev weigern sich weitere Häftlinge zu essen.

Israelische Siedlungen im Westjordanland: Der Nachbarschaftsterror

Vergangene Woche wurden ein palästinensisches Kleinkind und sein Vater ermordet. Wie reagieren die Siedler? – Ein Besuch in der Westbank.

Anschlag von jüdischen Extremisten: Auch Vater stirbt an Brandwunden

Vergangene Woche löste der Tod eines palästinensischen Kleinkindes nach einem Brandanschlag Proteste in Israel aus. Nun erlag auch der Vater seinen Verletzungen.

Mord an palästinensischem Jungen: „Wir werden Pulverfässer entzünden“

Der mutmaßliche Täter strebt in seinen Hetzschriften den Sturz der Regierung an. Nur wenige extremistische Gewaltaktionen werden aufgeklärt.

Nach Gewaltserie in Nahost: Bürgerwachen gegen Siedler

Tausende Israelis demonstrieren nach der Brandstiftung in einem palästinensischen Dorf. Die Kundgebungen richteten sich gegen Gewalt und Hetze.

Palästinensisches Baby stirbt bei Anschlag: Zündelnde Siedler

Ein palästinensisches Kleinkind verbrennt bei lebendigem Leib in einem Dorf bei Nablus. Israels Premier Netanjahu spricht von „Terror“.