taz.de -- Kommentar Syriza und Linkspartei: Taktisch falsch aufgestellt

Die europäische Linke hat gute Argumente, scheitert aber zu oft. Deshalb muss die Linkspartei über die Fehler reden, die Syriza gemacht hat.
Bild: Die Linkspartei ist in Sachen Syriza-Kritik schlecht aufgestellt.

Wirklich wichtig ist es nicht, wie die Linkspartei über das Griechenland-Paket abstimmt. Für Ja, Nein und Enthaltung finden sich gute Argumente. Ja, weil man Syriza gegen die deutschen Grexit-Befürworter unterstützen möchte. Nein, weil die Austeritätsmaßnahmen die Lage verschlimmern werden. Und Enthaltung, weil man sich zwischen beidem nicht entscheiden kann.

Entscheidender ist, wie die Linke die Syriza-Politik beurteilt. Und hier lässt das Papier der Linken-Parlamentarier um Axel Troost, die für eine Enthaltung plädieren, erschrecken. Die vier Unterzeichner sind Realos, aber ihre Erklärungen lesen sich so ähnlich, wie Freunde des Realsozialismus die DDR-Politik gerechtfertigt haben: Die Partei (in diesem Fall: Syriza) hat alles richtig gemacht, das Ergebnis ist zwar nicht gut, aber mehr war angesichts der Kräfteverhältnisse nicht drin.

Troost und seine Mitstreiter dürften selbst wissen, dass das nicht stimmt. Syriza hat es versäumt, schon vor dem erwartbaren Wahlsieg die Regierungen in Frankreich und Italien in eine gemeinsame Strategie einzubinden. Syriza hat einen Plan B für den Fall, dass die Verhandlungen scheitern, nur ungenügend verfolgt und nicht öffentlich kommuniziert – und war damit erpressbar.

Und Syriza hat die griechische Öffentlichkeit glauben machen wollen, ein Nein beim Referendum schaffe bessere Verhandlungsbedingungen. Zugespitzt: Syriza war im Gegensatz zu Schäuble und Merkel taktisch schlecht aufgestellt.

Darüber muss man reden, weil Syriza kein Einzelfall ist. Die Kritiker der Austeritätspolitik haben europaweit die besseren Argumente, scheitern aber regelmäßig – von Lafontaine über Hollande bis Syriza –, wenn sie an die Regierung kommen. Warum aber soll man auf eine Linke hoffen, die keinen Plan hat, was sie in der Regierung tun kann? Und warum sollen Wähler auf eine deutsche Linke setzen, die die Fehler ihrer griechischen Schwesterpartei nicht debattiert?

19 Aug 2015

AUTOREN

Martin Reeh

TAGS

Griechenland
Syriza
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Die Linke
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Griechenland
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Wolfgang Schäuble
Schwerpunkt Krise in Griechenland

ARTIKEL ZUM THEMA

Bundestag stimmt Griechenlandpaket zu: Der Vollstrecker

Finanzminister Schäuble hat es geschafft: 453 Abgeordnete stimmen für das neue Hilfspaket in Höhe von 86 Milliarden Euro.

Syriza-Abgeordneter über seine Partei: „Sie hat sich selbst eine Falle gestellt“

Syriza-Mitglied Kostas Isychos hält den Kurs seiner Parteiführung für falsch. Für ihn gibt es weiterhin Alternativen zur Austeritätspolitik der EU.

Syriza vor der Spaltung: Die dreigeteilte Partei

Regierungschef Tsipras will die Sparauflagen durchpeitschen. Damit riskiert er weitere Turbulenzen in seiner Partei.

Kommentar Tsipras’ Vertrauensfrage: Kampf um die eigene Mehrheit

Der griechische Premier hat keine andere Wahl als die Flucht nach vorne: Er wird sich einem Vertrauensvotum stellen, notfalls gibt es Neuwahlen.

Abstimmung in Athen: Parlament für Reformprogramm

Nach einer durchdebattierten Nacht findet Alexis Tsipras eine Mehrheit für das Reformprogramm. Seine Koalition steht nicht mehr geschlossen hinter der Regierung.

Kommentar IWF, Syriza und Griechenland: Der Verlierer heißt Schäuble

Während Syriza sich in parteiinternen Kämpfen verliert, stoppt der IWF seine Hilfe. Mit beiden Ereignissen wird die Position Deutschlands geschwächt.

Debatte bei Syriza: Tsipras gegen Parteilinke

Streit um den Kurs in der Eurokrise: Der griechische Regierungschef will einen Sonderparteitag im September und eine an den Mehrheiten orientierte Strategie.